Eine Großbäckerei in der Krise

Die Edeka-Tochter K&U sucht den Kurswechsel und setzt dafür ihren Chef vor die Tür

 
 

Neuenburg/Offenburg. Die Großbäckerei K&U braucht einen neuen Chef. Der bisherige Hauptverantwortliche, der Prokurist Peter Ganghof, musste das Unternehmen verlassen. Die Edeka will dies in der kommenden Woche in einer Betriebsversammlung auch der Belegschaft mitteilen. Ein Grund für die Trennung ist die wirtschaftliche Lage. K&U schreibt seit vielen Jahren rote Zahlen. K&U beschäftigt mehr als 5000 Menschen, davon gut 4000 in den Filialen und etwa 1000 in der Produktion.

Schon seit Jahren häufen sich bei K&U die Verluste. Der Konzern spielt mit Weckle, Brot und süßen Teilchen mehr als 200 Millionen Euro ein. Doch zuletzt gab es mehrmals rote Zahlen im mittleren einstelligen Millionenbereich. Das liegt vor allem daran, dass der Preisdruck der Discounter immer stärker wird. Aber es gibt auch hausgemachte Probleme. So bietet K&U flächendeckend sein volles Sortiment von weit mehr als 150 verschiedenen Produkten an. Nicht alles wird verkauft. Die Retourenquote soll bei etwa 30 Prozent liegen und damit zehn Punkte über dem Branchenschnitt. Was übrig bleibt, wandert aber nicht komplett in den Müll, sondern wird in der Produktion neu verwertet, etwa als Zusatz für den Teig.

Back-Sorgen hat die Edeka in ganz Deutschland. Es gibt sieben Edeka-Regionen, fünf davon mit eigenem Bäcker. In der größten Region – Minden-Hannover – ist die Sanierung des Backgeschäfts schon gelaufen. Doch Probleme gibt es immer noch. Edeka Südwest ist von der Größe her die Nummer zwei. Auch hier ist der Preisdruck durch die Backautomaten von Aldi, Lidl & Co. nun offenbar zu groß geworden.

In Edekas Bäckereien wird tatsächlich von gelernten Bäckern handwerklich gearbeitet. Massenware wie Laugengebäck oder einfache Brötchen werden aber als Tiefkühl-Rohlinge eingekauft. Nach BZ-Informationen ist Südwest hier eine Ausnahme – und zwar wegen Peter Ganghof. Er habe wieder auf selbst produzierte Frischware gesetzt, die Tag für Tag ausgeliefert und an den Theken aufgebacken wird. Das kostet mehr. 

Ganghof hatte es zuletzt offenbar geschafft, den Verlust deutlich zu senken. Ob er nun gehen muss, weil er nicht schnell genug saniert hat, ist offen. Genau so ist es möglich, dass es strategische Differenzen gibt. So gibt es etwa den Trend, die Verkaufsstellen nicht mehr unter der K&U zu organisieren, sondern unter den Märkten. Arbeitgeber wären dann in vielen Fällen die selbstständigen Edeka-Kaufleute. „Das Beispiel macht Schule“, bestätigt etwa Dieter Hieber, dem ein gutes Dutzend Märkte in Südbaden gehört. Anders als bei K&U gibt es bei den Kaufleuten aber so gut wie keine Betriebsräte und Tarifgehalt höchstens auf freiwilliger Basis.

Ganghof wurde vor drei Jahren Prokurist bei K&U. Geschäftsführer sind Rainer Huber, Jürgen Mäder und Rudolf Matkovic, die auch die Spitze der Edeka Südwest in Offenburg bilden. Sie wollen sich selbst auf mehrfache Nachfrage nicht äußern. „Kein Kommentar“, heißt es auch vom Lahrer Edeka-Kaufmann Uwe Kohler. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrates der Edeka Südwest.

„Wir wissen nicht, wie es jetzt weitergeht“, sagt Alexander Münchow. Er betreut bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auch die Großbäckerei aus Südbaden. Münchow verrät: Am 4. November habe Ganghof noch einen gemeinsamen Termin für den heutigen Freitag bestätigt. Doch am Mittwoch, 5. November, habe Münchow dann abends erfahren, dass Ganghof nicht mehr für K&U zuständig sei. Wo dessen Weg jetzt hinführt ist ebenso offen wie seine dauerhafte Nachfolge. „Für uns ist wichtig, dass wir schnell einen Ansprechpartner haben, um die Rechte der Belegschaft zu wahren“, so Münchow. Erst unter Ganghof war K&U überhaupt zur Tarifbindung und in die Bäckerinnung zurückgekehrt.

Ganghof pflegte einen konstruktiven Ton im Umgang mit der Gewerkschaft, auch wenn es unterschiedliche Interessenlagen gab. Auf manche Themen habe man sich verständigen können, immer wieder habe man sich aber auch aneinander gerieben, verrät Münchow: „Das gehört dazu, sonst würde ich meinen Job nicht gut machen.“

K&U ist die viertgrößte Bäckerei Deutschlands. Die Wurzeln des Konzerns liegen im Jahr 1919 in Freiburg. Im Stadtteil Stühlinger gründete der aus Gengenbach stammende Franz Usländer eine Bäckerei. In den folgenden Jahrzehnten wuchs das Unternehmen durch Übernahmen und hieß eine Zeit lang Stadtbäckerei Usländer. 1992 stieg dann die Edeka Südwest als Gesellschafter ein. Durch den Zusammenschluss mit der Bäckerei Karl Wucherer aus Reutlingen entstand dann Ende der 1990er-Jahre K&U. Heute ist das Unternehmen eine 100-prozentige Tochter der Edeka Südwest.

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