KNV-Insolvenz: Eine Branche wankt
Deutschlands größter Buchlogistiker steht am Rande des Abgrunds. Das könnte den Handel für immer verändern.
15.02.2019 | 09:12
Stuttgart. Bis zuletzt hatte der Stuttgarter Buchgroßhändler KNV mit einem Investoren verhandelt. Doch dann kam die Mitteilung: Er hat „Nein“ gesagt. Die Folge: KNV hat beim Amtsgericht Stuttgart Insolvenz beantragt. Wie es jetzt weitergehen soll, weiß keiner so recht.
KNV ist die Nummer Eins auf dem Buchgroßhandel. Das Stuttgarter Unternehmen tritt als Zwischenhändler von Verlagen und Buchhändlern auf. Große Teile des Angebots werden im so genannten Barsortiment vorgehalten und sind somit über Nacht verfügbar. Heute bestellt, morgen da – dieses Prinzip gilt im Buchhandel bis heute. Doch hat es noch eine Zukunft?
Die Branche ächzt schon länger unter der digitalen Konkurrenz. Der US-Konzern Amazon hat als erster den Buchhandel aufgemischt. Mittlerweile spielen in diesem Konzert auch andere mit. Die Buchkette Thalia etwa wird durch den angekündigten Zusammenschluss mit der Mayerschen Buchhandlung ihre Marktführerschaft weiter stärken. Hauptgesellschafter von Thalia ist der Freiburger Verleger Manuel Herder.
Kleine Buchhändler brauchen in Zukunft noch mehr Kreativität, spezialisierte Sortimente und vor allem: treue Kunden mit Geduld. Bücher kosten in ganz Deutschland dasselbe. Schnell und bequem können andere besser als die altehrwürdige Buchhandlung in der Nebenstraße einer Einkaufsmeile.
Doch was hat das Dilemma bei KNV ausgelöst? Schon seit Jahren schreiben die Stuttgarter fette rote Zahlen. 2015 lag der Verlust bei mehr als 40 Millionen Euro. 2016 waren es noch 18 Millionen im Minus. Neuere Zahlen sind noch nicht veröffentlicht.
Offenbar hat KNV sich mit der 150-Millionen-Euro-Investition in Erfurt übernommen. Dort wurde ein zentrales Logistiklager gebaut. So richtig rund lief es nie. Statt einen Wettbewerbsvorsprung zu bringen, kostete es Geld. Jetzt haben die Banken die Geduld mit dem stillen Riesen des Buchhandels verloren, der zurzeit noch systemrelevant ist. Too big to fail, eigentlich. Doch was heißt das heute noch?
Die spannende Frage ist, ob die KNV-Pleite einfach nur einem neuen Investor die Tür öffnet, der sich die Filetstücke aus dem angeschossenen Bullen rausschneidet und den übrigen Kadaver dann verroten lässt? Oder ob durch die Insolvenz ein weiterer Strukturwandel ausgelöst wird, der vom Verlag bis zum kleinsten Buchhändler wirkt?
Alles Fragen, die mit der Suche nach einem Insolvenzverwalter für KNV beginnen werden. Zum Zeitpunkt der Pressemitteilung von KNV war dieser noch nicht benannt.
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