Bietigheim-Bissingen. Der Unternehmer Heinz Dürr hat am 16. Juli 2018 seinen 85. Geburtstag gefeiert. Er ist Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats des Maschinenbauers Dürr. Als Ankeraktionär hält er mit seiner Familie 29 Prozent der Anteile an dem von seinem Großvater im Jahr 1895 gegründeten Unternehmen.
Heinz Dürr trat 1957 in den Familienbetrieb ein. Unter seiner Führung entwickelte sich Dürr zu einem führenden Maschinen- und Anlagenbauer, der schwäbischen Mittelstandsgeist, Innovationskraft und globales Geschäft vereint. Bundesweit bekannt wurde Heinz Dürr als Verhandlungsführer der Metall-Arbeitgeber, AEG-Vorstandsvorsitzender, Chef der Deutschen Bahn und als Stiftungskommissar der Carl Zeiss Stiftung.
1933 in Stuttgart geboren, absolvierte Heinz Dürr nach dem Abitur eine Schlosserlehre und studierte Maschinenbau. Seine erste Station im Familienunternehmen war die Konstruktionsabteilung. Geschäftsführer war damals sein Vater Otto Dürr, die Mutter Betty genoss Respekt als „kaufmännisches Gewissen“. In der Nachkriegszeit veränderte sich Dürr stark: Aus dem Blechbearbeitungsspezialisten wurde ein Industrieunternehmen mit den Schwerpunkten Apparatebau und Oberflächenbehandlung. Der Grundstein für die heutige Weltmarktführerschaft von Dürr wurde im Geschäft mit Oberflächen- und Lackiertechnik gelegt.
Im Alter von 27 trat Heinz Dürr in die Geschäftsführung ein. Das Geschäft mit der Autoindustrie wurde ausgebaut. Mit einer Portion Wagemut trieb der Juniorchef die Internationalisierung voran. 1964 wurde in Brasilien die erste Auslandstochter gegründet. Unter der Regie von „HD“ baute Dürr in São Paulo erstmals eine komplette Karosserielackiererei für Volkswagen. Weitere Firmengründungen folgten zum Beispiel in Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, Österreich, Mexiko, den USA, Südafrika, Indien und China. Der Unternehmenskultur drückte Heinz Dürr mit seiner Frau Heide einen modernen Stempel auf. Dürr war einer der ersten Industriebetriebe mit Mitarbeiterzeitung, Bibliothek, Kunst in den Gebäuden sowie Theater- und Konzertaufführungen in der Fabrik.
Auf Vorschlag Hanns-Martin Schleyers wurde Heinz Dürr 1975 Vorsitzender des Arbeitergeberverbands der Metallindustrie Nordbaden/Nordwürttemberg. Mit dem baden-württembergischen IG-Metallchef Franz Steinkühler handelte er innovative Tarifergebnisse aus, ein wochenlanger Streik im Jahr 1978 hatte bundesweite Bedeutung.
1980 gab Heinz Dürr die Führung seines Unternehmens ab und wurde Chef beim angeschlagenen Elektrokonzern AEG. Neben der unternehmerischen Herausforderung reizte ihn das technologische Potenzial der AEG. Den überraschenden Wechsel hatte der damalige Bosch-Chef Hans Lutz Merkle eingefädelt. Heinz Dürr führte die AEG durch einen Vergleich und 1985 unter das Dach der Daimler-Benz AG, in deren Vorstand er 1986 eintrat.
1990 brachte Heinz Dürr sein Familienunternehmen als Dürr AG an die Börse. Mit dem Erlös wurde der Applikationstechnikspezialist Behr erworben, aus dem die erfolgreiche Lackierrobotersparte von Dürr hervorging.
1991 übernahm Heinz Dürr auf Bitte von Bundeskanzler Helmut Kohl den Vorstandsvorsitz der Deutschen Bundesbahn – ähnlich wie bei der AEG eine Aufgabe im Licht der Öffentlichkeit. Mit der Bahnreform trieb er die Zusammenlegung von Bundesbahn und Reichsbahn und den Wandel vom Staatskonzern zum Dienstleitungsunternehmen Deutsche Bahn AG voran. 1997 wechselte er 64-jährig in den Aufsichtsrat der Bahn, den er bis 1999 leitete. Von 1999 bis 2003 war Heinz Dürr Stiftungskommissar der Carl Zeiss Stiftung. Auch dort gelang unter seiner Führung eine Reform, die sich als sehr erfolgreich erwies.