Bader und das Mega-Projekt
Der Versandhändler hat am Stammsitz Pforzheim einiges vor: Mit Millionen-Aufwand will man die alte Logistikfläche in eines der größten Outlets in Deutschland verwandeln. Noch ist es eine Idee, aber schon steht eine Warnung im Raum
red
13.03.2019 | 09:16
Pforzheim. Der Versandhändler Bader hat ein Problem: Im Brötzinger Tal hat das Unternehmen eine ungenutzte Immobilie stehen. In dem 40 Jahre alten Komplex war bis vor rund zwei Jahren die Logistik untergebracht – damals wurde ein gut 60 Millionen Euro teures neues Zentrum in Östringen in Betrieb genommen. Seit dem steht der prägnante Altbau mit seinen 68.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche leer. Wie es von Seiten des Unternehmens gegenüber der "Pforzheimer Zeitung" hieß, verläuft "eine Vermarktung trotz intensiven Bemühungen erfolglos". Selbst eine Umwidmung zur Wohnimmobilie wurde erwogen und verworfen.
Nun aber will man bei Bader Nägel mit Köpfen machen: Es wurde eine Bauvoranfrage gestellt mit dem Ziel, am Ende ein Outlet-Center mit 24.000 Quadratmetern Verkaufsfläche zu eröffnen. Mehr als 1250 Voll- und Teilzeitarbeitsplätze sollten dabei entstehen – drei Mal mehr, als laut Bader durch den Abzug des Logistikzentrums für die Stadt verloren gingen. Das Handelsunternehmen schätzt das Potenzial an Kunden auf bis zu drei Millionen pro Jahr.
Keine schlechten Eckdaten! Zumal Experten in Deutschland generell beim Thema Outlet noch Nachholbedarf sehen. Ohnehin zeigt ein Vergleich: Das Mega-Projekt von Bader würde Pforzheim bei Größe und Kunden auf der Schnäppchen-Landkarte ganz weit nach vorne bringen.
– In der Outlet City Metzingen laufen zwar die Planungen für eine Vergrößerung der Fläche auf 8000 Quadratmeter. Aber schon jetzt ist der Ort mit mehr als vier Millionen Besuchern in den 80 Geschäften der Platzhirsch unter allen Outlets in Deutschland.
– Die City Outlet Geisslingen auf dem WMF-Areal bietet auf 5000 Quadratmetern 47 Marken. Angaben zu den Besucherzahlen werden nicht gemacht.
– Das Wertheim Village bietet mehr als 100 Marken – aber hält sich mit offiziellen Angaben zu Größe und Besuchern mehr als bedeckt.
– Das Seemaxx in Radolfzell wurde unlängst erst umfangreich erweitert und präsentiert auf dem Areal von Schiesser jetzt 40 Marken auf 8500 Quadratmetern. Angaben zu den Besucherzahlen gibt man aber nicht preis.
– Bleibt abschießend noch Roppenheim, das liegt zwar in Frankreich – aber unweit von Rastatt direkt in Rhein- und damit in Grenznähe. Damit wäre dieses Outlet mit mehr als 100 Ladengeschäften auf einer Fläche von 27.000 Quadratmetern die starke Konkurrenz zum Bader-Outlet in Pforzheim.
In der Goldstadt selbst hält man sich offiziell indes noch bedeckt zu dem Projekt. Man verweist darauf, dass bislang nur eine Voranfrage vorliege und es noch viele Fragen zu klären gebe. In Kürze wird derAusschuss für Wirtschaftsförderung über das Thema sprechen. Bislang hat sich vor allem die FDP-Fraktion im Gemeinderat zum Thema geäußert – wenig verwunderlich positiv. OB Peter Boch spricht zwar von einem "sehr interessanten Projekt". Näher geht er aber nicht darauf ein, wohlwissend, dass aufgrund von Verkehrsbelastung und ähnlichen negativen Einflüssen ein solches Mega-Projekt polarisieren kann.
Von Seiten des Ideengebers Bader hat man in einer Art Nebensatz in der Tageszeitung indes schon durchblicken lassen: Man müsse ein solches Projekt nicht in Pforzheim realisieren. Dann würde der Standort aber gegenüber Stuttgart und Karlsruhe ins Hintertreffen geraten. Wie ernst man diesen Hinweise nehmen muss, darüber kann diskutiert werden: An einem anderen Standort hat Bader schließlich nicht einen derartigen Leerstand herumstehen, der vermarktet werden will.
Der Versandhändler Bader wurde 1929 in Pforzheim gegründet und handelte zunächst mit Schmuck und Silberwaren – bereits nach zehn Jahren hatte das Unternehmen 500 Mitarbeiter. Heute ist Bader noch immer einer der führenden Versandhändler in Deutschland. Die beiden Hauptkataloge pro Jahr listen rund 17.000 Produkte auf. Mehr als 1000 Menschen sind bei Bader beschäftigt und der Umsatz lag 2017 bei 413,6 Millionen Euro.
Wobei das Jahr 2016 für das Handelsunternehmen laut Bilanz eine Besonderheit parat hatte: Mitte des Jahres verstarb der Gesellschafter Wolfang Bader. Als Alleinerbe hatte er einen seriösen Verein mit sozialem Hintergrund eingesetzt – was nach den Statuten des Gesellschaftervertrages aber nicht möglich ist. Deshalb wurde eine Abfindung ausgehandelt, die aber die Finanzen des Unternehmens nicht nachhaltig belastete.
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