Bodensee-Airport am Boden
Der Flughafen Friedrichshafen beantragt Insolvenz, trotz Zusagen der Eigentümer in Millionenhöhe. Auch die anderen Airports im Land sind im Sinkflug – nur einer sticht beim Ausblick heraus
red
05.02.2021 | 18:15
Friedrichshafen. Der Flughafen Friedrichshafen hat ein Schutzschirmverfahren beantragt, das postwendend vom zuständigen Amtsgericht Ravensburg genehmigt wurde. Man habe nun mehr Zeit für die Umsetzung der mit dem Beratungsunternehmen Roland Berger bereits begonnen Umstrukturierungen, wie Claus-Dieter Wehr, Geschäftsführer des Bodensee-Airports sagte. Der Betrieb des Flughafens sei weiterhin sichergestellt und auch die Arbeitsplätze sollten erhalten bleiben. Alexander Reus von der Kanzlei Anchor unterstützt nun die Geschäftsführung, Alexander Hubl von SGP Schneider Geiwitz & Partner wurde zum Sachwalter bestimmt.
Als Grund für die Antragstellung nannte Wehr den Corona-Ausblick: "Trotz der begonnen Impfungen ist bis weit ins Jahr 2021 keine wesentliche Verbesserung zu erwarten." Demnach hätte die Liqudität des Airports noch bis Ende des Jahres ausgereicht, in Friedrichshafen haben man deshalb mit der Antragstellung frühzeitig die Weichen gestellt – obschon die Anteilseigener, allen voran die Stadt sowie der Bodenseekreis, im Spätjahr 2020 noch einmal finanzielle Zugeständnisse in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro für den chronisch klammen Airport gemacht hatten. Wobei der Flughafen ohnehin bereits mit mehr als 30 Millionen Euro in der Kreide steht, laut dem "Südkurier" gehört neben den Anteilseigener auch die Sparkasse Bodensee mit 8,5 Millionen Euro zu den großen Gläubigern.
Wobei die Pandemie den Sinkflug des Flughafens noch einmal steil nach unten gedrückt hat: Im vergangenen Jahr flogen rund 76 Prozent weniger Passagiere von Friedrichshafen ab. Immerhin wurden noch 58 Prozent der Flugbewegungen des Vorjahres erreicht, da sich vor allem Privatpiloten und Firmenflieger sowie die Zeppeline über die freien Landebahnen freuten, doch am Ende konnte diese Einnahmen das Finanzloch natürlich nicht schließen.
Und: Zwar hat Verkehrsminister Andreas Scheuer bereits im vergangenen November bei einem Sondergipfel in Berlin den Regionalflughäfen Hilfsgelder in Höhe von 500 Millionen Euro zugesagt. Allerdings gibt es bis dato noch keine Einigung zwischen Bund und Ländern, wie diese Gelder konkret ausgezahlt werden sollen – und für den Bodensee-Airport käme der Topf ohnehin nicht in Frage, da man am Bodensee wie erwähnt seit Jahren mit den Finanzen zu kämpfen hat.
Aber auch die anderen großen Flughäfen im Land spüren die Auswirkungen der Pandemie massiv: In Stuttgart brach die Zahl der Passagiere in 2020 um 74,8 Prozent zurück, das Frachtgeschäft um 25,5 Prozent. Geschäftsführerin Arina Freitag sprach von einem "historisch schlechten Jahr" – das noch lange Auswirkungen haben wird: "Vor uns liegt eine lange Durststrecke", das Vorkrisenniveau werde erst "mittelfristig" wieder erreicht, weshalb man in Stuttgart "zahlreiche Maßnahmen zur Sicherung der Liquidität" ergriffen habe.
Allerdings verfügt man in Stuttgart gegenüber Friedrichshafen über einen entscheidenden Vorteil: Im Jahr 2019 hatte man mit einem Plus von 7,6 Prozent auf 12,7 Millionen Passagiere, einem Plus von 4,9 Prozent auf 300,1 Millionen Euro beim Umsatz am Ende "das beste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte" bilanziert.
Am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden malt der neue Geschäftsführer Uwe Kotzan ein deutlich differenziertes Bild: Zwar gingen die Passagierzahlen um 70 Prozent auf 401.000 Menschen zurück. Dafür stieg das Frachtaufkommen um 55,7 Prozent – für das laufende Jahr rechnet Kotzan mit einem weiteren Anstieg, da die beiden neuen Frachtlinien nach Dublin und Birmingham für Auftrieb sorgen werden.
Wobei der Ausblick von Kotzan beinahe schon konträr zur Einschätzung seiner Kollegin Freitag in Stuttgart steht: Die Nachfrage nach Reisen werde steigen, für das laufende Jahr rechnet er bereits mit "einer leichten Erholung". 700.000 Passagiere werden es seiner Einschätzung nach Ende des Jahres gewesen sein.
In Friedrichshafen hat Airport-Chef Wehr ebenfalls die Flügel nicht gestreckt, trotz des Insolvenzverfahrens. So hat man am Bodensee beispielsweise die Landebahn- und Rollwegbeleuchtung auf LED umgerüstet und elektrisch angetriebene Gepäckschlepper angeschafft. Die dadurch erreichten "deutlichen Energieeinsparungen" schlagen sich am Ende in der Bilanz nieder – was dem erhofften Steigflug wenigstens einen kleinen Schub geben soll.