Corona grassiert in Schlachtbetrieb
Fast ein Viertel der 1100 Beschäftigten bei Müller Fleisch wurden bislang positiv getestet, die Behörden lassen den Betrieb dennoch offen – die Gründe erscheinen einleuchtend
red
24.04.2020 | 12:00
Birkenfeld. 230 der 1100 Beschäftigten in dem Schlacht- und Zerlegebetrieb Müller Fleisch wurden positiv auf Corona getestet, das teilten die zuständigen Behörden mit. Die Zahl wird allerdings sicher weiter steigen – erst jetzt wurde die Testung aller Mitarbeiter abgeschlossen, die Auswertung nimmt noch einige Tage in Anspruch.
Dennoch schränken die Behörden den Betrieb nach aktuellem Stand aus zwei Gründen nicht ein: Erstens "besteht kein erhöhtes Risiko für Verbraucher", so der Enzkreis-Landrat Bastian Rosenau. Und zweitens sei eine Überwachung aller 1100 Mitarbeiter nicht zu leisten, wenn man diese nach Hause in Quarantäne schicke. Stattdessen reagiere man mit Massentests und Isolierung der Betroffenen innerhalb des "geschlossenen Systems" im Unternehmen. Obendrein seien die Gesundheitsbehörden tätglich im Unternehmen und begutachteten die Lage.
Allerdings gibt es aus der Bevölkerung grundsätzliche Kritik: Viele der Mitarbeiter stammen aus dem europäischen Ausland und werden von Subunternehmern an Müller Fleisch entsandt. Während des Aufenthalts würden die Menschen nicht immer adäquat untergebracht, was wiederum die Ausbreitung begünstige. Auch seien Quarantäne-Auflage nicht eingehalten worden.
Die Behörden reagieren auf die Kritik und wollen die Betroffenen – so sie nicht ohnehin ins Krankenhaus müssen – in Reha-Kliniken, Hotels oder auch Hallen zentral unterbringen. Dabei wolle man sich laut Landrat Rosenau aber auf möglichst wenige Einrichtungen konzentrieren, um die Kapazitäten zu bündeln.
Das Familienunternehmen Müller Fleisch mit Sitz in Birkenfeld wurde 1959 gegründet und ist heute einer der führenden Schlacht- und Zerlegebetriebe. Das Unternehmen setzt pro Jahr 500 Millionen Euro um und beschäftigt 320 eigene Mitarbeiter. 120.000 Rinder werden pro Jahr am Firmensitz zu Lebensmitteln für Metzgereien, Gastronomen und Großverbraucher verarbeitet, die gesamte Gruppe mit drei weiteren Standorten verarbeitet 320.000 Rinder und 2,1 Millionen Schweine.
Übrigens: Welche positiven Erfarungen der Konzern EBM-Papst mit den eigenen strengen Gesundheitsauflagen gemacht hat, lesen Sie hier.