„Das ist Irrsinn“: EU-Kommissar Barnier spricht in Freiburg
Prominenter Besuch im Finanzzentrum der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau: Am Mittwochabend sprach der EU-Kommissar Michel Barnier vor 150 geladenen Gästen. Sein Thema: die Bankenwelt nach der Wirtschaftskrise. Dabei kündigt Barnier lückenlose Kontrollen an. „Niemand wird sich der Aufsicht entziehen können“, so Barnier.
10.08.2011 | 21:37
Tags zuvor hatten sich die EU-Kommissare noch im Europa-Rust getroffen. Auf Anregung des ehemaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger, der heute EU-Kommissar für Energie ist, war das Arbeitsessen zustande gekommen. Unter den Teilnehmern war auch José Manuel Barroso, der Präsident der EU-Kommission.
Im Auditorium in Freiburg waren vor allem Vertreter aus der Bankenwelt versammelt. Sparkassen-Präsident Peter Schneider war ebenso darunter wie der Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes, Gerhard Roßwog. Dazu Oberbürgermeister aus der Region, Landespolitiker und auch der Freiburger EU-Abgeordnete Andreas Schwab, der Barnier von Rust nach Freiburg gelotst hatte.
Barnier mühte sich denn auch um Akzeptanz für die von Brüssel diktierte Kontrollwut, die jetzt über die Banken hereinbricht. Viele Regionalbanken klagen zurzeit lautstark etwa darüber, dass sie sich bei jeder neuen Kreditvergabe intensiv mit der finanziellen Lage ihrer Kunden befassen müssen. Zudem müssen Banken bei Anlageprodukten künftig Beipackzettel ausgeben.
An solchen Instrumenten führe kein Weg vorbei, wenn man eine stabile EU haben wolle, so Barnier. „Vorsorgen ist billiger als reparieren“, sagt er. Allerdings hoffe er, dass in den USA bald ähnliche Instrumente eingeführt würden. Darüber werde er auch mit US-Präsident Obama sprechen.
Zudem warb Barnier für die europäische Idee. Der europäische Binnenmarkt mit 500 Millionen Menschen und 22 Millionen Unternehmen sei die einzige Möglichkeit, im globalen Wettbewerb zu bestehen. „In 30 Jahren wird Deutschland das letzte europäische Land sein, dass es in die Liste der weltweit wichtigsten Wirtschaftsnationen schafft“, so Barnier. Länder wie Frankreich, Italien oder Großbritannien würden von Brasilien, Russland oder Indien verdrängt. Um den Einfluss Europas zu stärken, sprach Barnier sich auch für den Aufbau einer europäischen Rating-Agentur aus. Bislang wird das Bewertungsgeschäft von drei US-amerikanischen Firmen dominiert – Moody's, Standard & Poor's und Fitch Ratings. „Dass nur drei Firmen die ganze Welt bewerten sollen, ist Irrsinn“, sagt Barnier.