Das Spül-Duell

Der Markt für Küchenspülen in Deutschland boomt wie selten zuvor – und erweist sich in der hochvolatilen Branche als rettender Anker.

 
 

Still ruht das Waldhotel Stuttgart am Rand der Landeshauptstadt. Zwischen den Stadtteilen Sillenbuch und Degerloch, direkt im Grünen, ist vom Großstadtlärm nichts zu hören. Jogger, Spaziergänger, ab und an ein Fahrradfahrer säumen hier die Wege. Die Idylle draußen kontrastiert das aufregende Jahr von Franke, über das drinnen im Waldhotel berichtet wird.

Wobei: Die Zahlen sind zufriedenstellend. Trotz der Turbulenzen in den europäischen Märkten ist der Umsatz des Gesamtkonzerns auf rund zwei Milliarden Euro gestiegen, der Gewinn indes ging von 134,7 auf 107,1 Millionen Euro zurück. Der starke Franken hat unter anderem die Bilanz verhagelt. Zudem herrschte in den Führungsetagen einige Aufregung. Franke-Deutschland-Chef Oliver Zimmermann ging im April, Torsten Türling, CEO der Küchensparte, die rund die Hälfte des Konzern-Umsatzes erlöst, musste bereits im Mai 2011 die Koffer packen. Sein Nachfolger: Urs Meyer, der im Waldhotel neben Michael Pieper, CEO und Inhaber der Franke-Gruppe, sitzt.

Franke ist der größte Spülenhersteller der Welt. Rund 368 Millionen Euro haben die Schweizer 2011 damit erwirtschaftet. An mehr als einem Dutzend Standorte weltweit werden die Geräte für die internationalen Märkte hergestellt. Der zweitwichtigste Markt der Schweizer: Deutschland. Ausgerechnet hier zeigt sich der Absatz aber malad. Während der Markt um drei Prozent gewachsen ist, ist Frankes Umsatz um 2,8 Prozent gesunken.

„Wir haben einen schlechteren Job gemacht als 2012“, gibt Mayer dann zu und lächelt. Im freundlichen Ton, mit leichtem schwyzerdütschen Einschlag erklärt er dann, dass sich Franke gerade neu ausrichte im deutschen Markt. Margenschwache Kooperationen mit den Küchenherstellern habe man 2011 eingestellt und sei nun dabei, neue Vereinbarungen zu treffen. Franke will Gas geben, denn im zweitwichtigsten Markt sind sie – die Nummer zwei.

Die Nummer eins im Land, mit einem Marktanteil von fast 20 Prozent, sitzt gut 60 Kilometer nordwestlich von Stuttgart. Allerdings ebenfalls im Grünen, im beschaulichen Oberderdingen. Auch die Blanco-Gruppe hat dieser Tage ihr Geschäftsjahr 2011 Revue passieren lassen. Fast 40 Prozent des Umsatzes von 252 Millionen Euro erwirtschaftet Blanco im Heimatmarkt, wo die Nordbadener 2011 enorm zugelegt haben. „Ich kann mich nicht erinnern, wann wir das letzte Mal solche Wachstumsraten hatten“, sagt Achim Schreiber, Vorsitzender der Geschäftsführung. Dass der größte Konkurrent schwächelt bleibt selbstredend unerwähnt. Fragen werden höflich abgeblockt.

Den Rest des Spülenmarktes teilen sich etwa der spanische Konzern Teka, der einige Jahre sogar Trikotsponsor von Real Madrid war, oder die deutschen Hersteller Rieber aus Reutlingen und Pyramis. Während zum Beispiel Teka in erster Linie das Niedrigpreissegment im Auge hat, konzentrieren sich Franke und Blanco auf die margenstärkeren Premium-Produkte. Die laufen bei Blanco derzeit beinahe zu gut. „Der Bereich Keramikspülen läuft hervorragend. Wir kommen mit der Produktion kaum hinterher“, sagt Blanco-Chef Schreiber. „Das ist bitter, zeigt aber, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Aber auch Blanco ist nicht frei von Problemen. Das sind zum einen die Rohstoffpreise. „Wir rechnen mit schwierigen Verhandlungen“, sagt Rüdiger Böhle, kaufmännischer Geschäftsführer. Zu schaffen macht dem Mittelständler etwa die Konzentration auf dem Edelstahlmarkt. Konkurrent Franke hat dieselben Probleme, ist aber durch seine zahlreichen Produktgruppen und die internationale Streuung der Produktionsstätten größer und breiter aufgestellt als die Blanco GmbH & Co. KG, deren Schwesterfirma Blanco CS Cateringsysteme herstellt.

Ein anderes Problem der Spülenhersteller ist die Instabilität der internationalen Märkte. Während Blanco-Chef Schreiber schon leise vor einer möglichen Immobilienblase in China warnt, ist jene in Nordamerika bekannterweise bereits mit einem Knall geplatzt. In Zahlen manifestiert sich das durchaus dramatisch: Mitte der 2000er-Jahre hat Blanco noch zwei Millionen Spülen dort verkauft, inzwischen sind es nur noch eine halbe Million, ein Einbruch um 75 Prozent. Auch die südeuropäischen Länder schwächeln infolge der Euroschuldenkrise dramatisch, während die Umsätze in den BRIC-Staaten weiter steigen. Noch aber ist der Heimatmarkt Deutschland der Anker in unruhiger See.

Auch für 2012 rechnet Schreiber mit einem satten Plus. Die Zahl der Baugenehmigungen im Privatbereich dürfte weiter steigen. Und Blanco und Franke kommt ein weiterer Trend entgegen: Die Deutschen investieren immer mehr Geld in ihre Küchen. Die sind inzwischen zu einem der wichtigsten Räume im Haus geworden.

Die deutsche Küchenindustrie etwa hat 2011 einen Gesamtumsatz in Höhe von 9,66 Milliarden Euro erwirtschaftet, ein Plus von rund 6,3 Prozent. Rund zehn Prozent dessen, so schätzen die Hersteller, was die Deutschen für ihre Küchen ausgeben, fließt in Spülen, Armaturen oder Abzugshauben. Auch bei den Küchenarmaturen ist Blanco in Deutschland eigenen Angaben zufolge mit einem Marktanteil von rund 23 Prozent weiterhin Marktführer.

Während die Spülenhersteller die Armaturen meist selbst produzieren, konzentriert sich der Schiltachter Armaturenhersteller Hansgrohe auf selbige. „Wir haben uns im Bereich Küchenarmaturen in den vergangenen Jahren sehr stark entwickelt“, teilen die Schwarzwälder auf Anfrage mit. Detaillierte Zahlen – wie etwa den Anteil am Gesamtumsatz von rund 754 Millionen Euro – veröffentlicht Hansgrohe aber nicht. 2011 sei man in der Sparte aber im zweistelligen Bereich gewachsen.

Das Unternehmen profitiert dabei auch von der Erfahrung im Bereich der Badarmaturen. Die Schiltacher etwa haben die Duschbrause in die Küche gebracht: Die Idee, einen Brausenkopf in die Küchenarmatur zu verbauen, kommt aus dem Schwarzwald.

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