Die H-Vision

Im Land formiert sich ein breites Bündnis, das Wasserstoff und Brennstoffzelle zum Durchbruch verhelfen will – das hohe Tempo der Initiative hat einen Grund: "Bei den Zulieferern sollen nicht die Lichter ausgehen"

 
Foto: Büro Rombach
 

Villingen-Schwenningen/Grenzach-Wyhlen. Manche Vision und Innovation nimmt in einer Garage Gestalt an. Diese aber auf einem Bauernhof, genauer auf dem Hof des Landtagsabgeordneten Karl Rombach in Schonach: Bereits im Sommer traf sich bei dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses eine illustre Runde, um die Chancen für ein Bündnis Pro Wasserstoff auszuloten. Kammerverteter waren ebenso dabei wie Berater, Energiedienstleister und Unternehmer – dem Vernehmen nach manche hoch motiviert, andere uninspiriert.

Wichtiger aber: Die Runde traf sich nicht nur zum Austausch, einige der Teilnehmer trieben das Thema in den vergangenen Woche mit reichlich Verve voran! Aktuell kam man zusammen mit Rombach bei der Energiedienst zusammen, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Denn inzwischen gibt es konkrete Ansätze für Reallabore (eine Art Testaufbau unter praxisnahen Bedingungen für mobile und stationäre Brennstoffzellen-Anwendungen) in Tuttlingen und Villingen-Schwenningen. Zudem treibt ein breites Bündnis von der Hochschule Furtwangen über das Automotive Engineering Network bis zu Energiedienstleistern und mittelständischen Zulieferen die Themen Wasserstoff und Brennstoffzelle mit großem Tempo voran – noch in diesem Jahr soll sich ein Verein gründen, Förderanträge sind auf den Weg gebracht.

Der Grund für die Geschwindigkeit ist schlicht erklärt: Der Verbrenner in Fahrzeugen ist auf dem Rückzug, die Autokonzerne bauen kräftig die Produktionen in Richtung Batterieantriebe um (was durch die aktuelle Ankündigung von Tesla, bei Berlin eine "Gigafactory" zu bauen, noch einmal beschleunigt werden dürfte) und die Zulieferer suchen händeringend nach neuen Aufgaben. Experten räumen Wasserstoff und Brennstoffzellen in einigen Jahren gute Chancen ein, Batterien zumindest bei bestimmten Anwendungen zu ersetzen – wenn dann einige Probleme gelöst sind. Genau an dieser Stelle setzt das neue H-Bündnis mit seinem praxisorientiertem Ansatz an.

Peter Schweizer, Vice President Sales New Markets bei Elring-Klinger, sieht gerade für Zulieferer durch die neuen Technologien große Chancen: "Unsere Markposition bei Komponenten für den Verbrennungsmotor ist die Basis, um die Transformation für den Konzern erfolgreich zu gestalten." Wobei er besonderen Wert auf das Wort gestalten legt, denn der Wandel sei ohnehin tiefgreifend und eine Herausforderung, da müsse man vorausschauen statt abwarten.

Wolfang Häußler, Produktmanager beim Mechatronik-Spezialisten Marquardt, zieht indes den Fokus größer: "Aktuell sind viele Unternehmen in unserer Region abhängig vom Verbrennungsmotor. Um zu verhindern, dass mit dem Strukturwandel auf dem Heuberg die Lichter ausgehen, müssen wir die Transformation jetzt angehen und für uns nutzen." Schließlich habe man genau die Kompetenzen bei Präzionstechnik und Mechatronik, die auch bei Wasserstoff und Brennstoffzelle gefragt seien. Häußler: "Dabei ist ein Firmen-Cluster von besonderer Bedeutung, um die Schlüsselkomponenten im System zu spezifizieren, zu testen und zu optimieren."

Frank Allmendinger, Professor am Hochschulcampus Tuttlingen der Hochschule Furtwangen, und Christian Klaiber, Leiter der Initiative Zukunftsmobilität, setzen die Worte des Marquardt-Produktmanagers in dem neuen H-Bündnis als treibende Kräfte um: "Wir wollen die Wasserstofftechnologie industrialisieren und so die Brennstoffzelle wettbewerbsfähig und damit massentauglich zu machen", so Allmendinger. Die Grundlagen seien gelegt, nun müsse man durch neue Prozesse und Massenfertigung die Kosten für die Herstellung senken. Und Klaiber ergänzt: "Wir haben konkrete Partner, die für Projekte zur Anwendung von Brennstoffzellen in Lastwagen, Bussen und anderen Nutzfahrzeugen bereitstehen."

Auch bei der Energiedienst ist man von dem Vorstoß überzeugt: "Wir als Energieversorger stehen bereit. Wir können den nötigen erneuerbaren Wasserstoff herstellen und dadurch unseren Beitrag zu einem verringerten CO2-Austoß in der Mobilität leisten." Immerhin hat die AG erst 2018 in eine Elektrolyse-Anlage zur Herstellung von Wasserstoff investiert.

Der Initiator Karl Rombach zeigt sich vom Tempo bei der Umsetzung der H-Vision angetan: "Das enge Zusammenspiel aller Akteure ist dabei ein wichtiger Baustein." Wobei der Abgeordneten die hohe Geschwindigkeit aus einem wichtigen Grund mit Freude sieht: "Es darf uns diesmal nicht wie bei der Photovoltaik gehen, wo längst asiatische Marktakteure das große Geschäft machen." In Sachen Brennstoffzelle müsse deshalb die Kompetenz vor Ort gebündelt werden.

Damit hat das Treffen auf dem Bauernhof gute Chancen in einigen Jahren ähnlich legendär zu sein wie manche Garagengründung.

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