Die Kampfhähne

Hansgrohe wehrt sich gegen Plagiate aus Fernost. Dabei müssen die Unternehmen aggressiv vorgehen, raten Patentanwälte, denn der Schaden ist immens.

 
Foto: pr
 

Frankfurt/Schiltach. Die beiden adrett gekleideten Herren schauen dem Treiben auf ihrem Messestand fast ungläubig zu. Mit Besuchern hatten sie bestimmt gerechnet, nur nicht mit diesen. Der Besuch trägt keinen Anzug und keine Krawatte, er trägt einen grünen Overall. Auf dem Rücken prangt silbern die Aufschrift: Zoll.

 

Es ist der erste Tag der diesjährigen Sanitärmesse ISH in Frankfurt, der weltgrößten Sanitärmesse. Es ist ein Tag, an dem Hansgrohe wieder einmal durchgreift. Der Produzent von Armaturen und Brausen hat auf dem Stand seines chinesischen Konkurrenten Joyou Produkte entdeckt, die den eigenen frappierend ähneln.

 

Es ist nicht das erste Mal, dass der an der Frankfurter Börse notierte chinesische Hersteller mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert wird. Erst im Februar, einen Monat vor der ISH, hatte Joyou den Negativpreis Plagiarius erhalten, für „besonders dreiste Plagiate“, wie Rido Busse erklärt, Chef der Initiative gegen Ideenklau, die den schwarzen Zwerg mit goldener Nase seit 1977 alljährlich verleiht.

 

„Bei uns beläuft sich der Schaden durch Plagiate auf fünf bis zehn Prozent des Gesamtumsatzes“, schätzt Richard Grohe, stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei Hansgrohe. Das entspricht etwa 100 Arbeitsplätzen, die nicht entstehen können.

 

Das Schiltacher Unternehmen geht deshalb in die Offensive und bekommt Applaus von Patentanwälten. Frank Petersen von der Karlsruher Kanzlei Lemcke, Brommer & Partner empfiehlt auch seinen Mandanten, möglichst aggressiv die eigenen Produkte zu verteidigen. Das Gleiche sagt sein Stuttgarter Kollege Christian Steil von der Kanzlei Witte, Weller & Partner. Seine Erfahrung: „Wo starke Schutzrechte existieren, wird weniger kopiert.“

 

Die Anwälte empfehlen Unternehmen, ihre Innovationen möglichst umfassend zu schützen: durch Patente, die technische Errungenschaften absichern; durch Geschmacksmuster, die das Design schützen und durch Marken und Warenzeichen.

 

Für jedes einzelne Produkt sollten alle drei Kategorien ausgeschöpft werden, wenn dies möglich ist – und wirtschaftlich. Denn der Schutz kostet Geld, zumal er nur in den Ländern gilt, in denen die Rechte beim Patentamt tatsächlich hinterlegt sind. Immer mehr Firmen melden ihre Patente deshalb auch zusätzlich in China an. Zwei bis drei Millionen Euro nimmt Hansgrohe für das Anmelden und Durchsetzen seiner Schutzrechte pro Jahr in die Hand. „Man muss einen langen Atem haben und viel Geld investieren“, weiß Christian Steil. „Aber man muss sich eben auf dem Markt Respekt verschaffen, um nicht zur leichten Beute zu werden.“

 

Doch gerade kleinere Unternehmen können sich solche Summen kaum leisten. Für sie gibt es dann oft nur einen anderen Weg: „Ihnen bleiben nur schnelle Produktzyklen und Innovationen“, erklärt Patentanwalt Steil.

 

Die Details sollen den Unterschied ausmachen. Und sie sollen dabei helfen, Plagiate zu entlarven, etwa wenn das gekaufte Produkt defekt ist und der Kunde sich beschwert. „Das Produkthaftungsrecht ermöglicht den Rückgriff auf den Hersteller“, warnt Steil. Das heißt: Ist ein Produkt sehr gut nachgemacht, muss der Originalhersteller womöglich erst einmal aufwendig nachweisen, dass es sich um ein Plagiat handelt. Aber auch die Händler können belangt werden. „Letztendlich kann nur derjenige haften, der das Produkt auf den Markt gebracht hat“, ergänzt Patentanwalt Petersen. Lässt sich der Plagiator ermitteln, drohen ihm nach einer Verschärfung des deutschen Rechts mittlerweile sogar Haftstrafen. Die Händler hingegen haben meist nur zivilrechtliche Verfahren zu befürchten.

 

Es ist die Kombination aus Schutz und dessen Durchsetzung, in der beide Anwälte die größtmögliche Erfolgsgarantie sehen. Aber: „Hundertprozentigen Schutz kann es nicht geben“, sagt Petersen. Einfach abwarten bringe aber auch nichts: „Wenn das Plagiat erst einmal auf dem Markt ist, muss man ihm immer hinterherlaufen.“ 

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