Die Nummer eins der Nummer eins

Stephan Scholl wird im Oktober Chef der Sparkasse Pforzheim Calw, der größten Sparkasse in Baden-Württemberg. Eine Revolution wird es mit ihm nicht geben. Warum auch? Ein Econo-Porträt.

 
Foto: Michael Bode
 

Schnell wird die rote Plastik-Nummer-eins herbeigezerrt. Stephan Scholl legt einen Arm darauf und lässt geduldig das Blitzlichtgewitter der Fotografen über sich ergehen. Ein wenig ungelenk wirkt das, wie er so dasteht. „Ich bin kein glamouröser Typ“, sagt er später. An seine neue Rolle wird er sich gewöhnen müssen – die eines der mächtigsten Sparkassen-Männer im Land, Vorstandschef der Sparkasse Pforzheim-Calw, mit einer Bilanzsumme von mehr als zehn Milliarden Euro das größte Institut in Baden-Württemberg.

Scholl hat sich durchgesetzt im Rennen um den wichtigsten Posten dieses Instituts, hat den Verwaltungsrat davon überzeugt, dass eine interne Lösung die beste ist. Zwar setzt der seit Jahren darauf, Männer mit Stallgeruch an die Spitze zu heben, und doch behauptet sich Scholl nur knapp, ist auf die Schützenhilfe seines Vorstandskollegen Hans Neuweiler angewiesen. Neuweiler bewirbt sich ebenfalls um den Posten. Kurz vor der Abstimmung zieht er jedoch zurück, um der internen Lösung zum Durchbruch zu verhelfen. „Dieser Schritt zeigt menschliche Größe und was ihm die Sparkasse bedeutet“, heißt es in Bankkreisen. So bleibt Volker Wirth, Chef der Sparkasse Singen-Radolfzell, sein einziger, aber gefährlicher Gegner.

16 der 30 Verwaltungsräte muss man hinter sich scharen, um gewählt zu sein. 17 sind es am Ende. „Eindeutig, aber nicht einstimmig“, bewertet Scholl sein Ergebnis. Eine Hypothek sei das nicht, „eher eine Herausforderung“. Viele Verwaltungsräte, die für Wirth votieren, versichern Scholl, sie täten das nicht aus persönlichen Gründen, sondern einzig, weil eine externe Lösung für sie einen gewissen Charme hat. „Ich hätte mit jedem Ergebnis leben können, das gut begründet ist“, sagt Scholl. „Ich kam ja selbst einmal von außen, insofern kann ich nichts gegen externe Lösungen haben.“

Was Scholl schließlich hilft, ist  auch die Unterstützung der zehn Verwaltungsräte aus der Belegschaft. Für sie ist ein interner Kandidat deutlich berechenbarer als ein Mann von außen. Zwei Jahrzehnte ist es her, seit Scholl bei der Sparkasse Pforzheim anheuert. Seit Oktober 2007 ist er stellvertretender Vorstandschef. Man kennt sich. „20 Jahre kann man nicht schauspielern“, sagt Scholl.

Aber: „Kontinuität heißt nicht Stillstand.“ Scholl nimmt einen Schluck aus dem Wasserglas, rückt sich kurz zurecht und wirft den Kopf nach hinten. Dann beschreibt er sich augenzwinkernd selbst. „Ich bin kein Saurier, aber sicher ein Schlachtross.“ Die Sparkasse habe sich immer wieder gewandelt, „und ich war Zeitzeuge“. Seit er bei der Sparkasse Pforzheim ist, verändert sich das ökonomische Umfeld in der Region dramatisch. Die Philosophie seines Hauses bleibt aber immer die gleiche: „Verlässlichkeit, Stabilität, unbedingte Nähe zum Kunden.“ Die Nummer eins bleiben, Qualitätsführer bleiben, ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung übernehmen. Dafür will Scholl stehen. Fast klingt das ein wenig spröde, langweilig, uninspiriert. Doch Scholl verteidigt sich: „Unser Geschäftsmodell hat funktioniert, deshalb werde ich auch keine Revolution verkünden.“ Die Zahlen geben ihm recht.

Scholl ist nicht der Mann für Umbrüche. Einsame Entscheidungen sind von ihm nicht zu erwarten. Er sieht sich als Teamplayer, überlegt, das Vorstandsteam um eine vierte Kraft zu erweitern. „Die könnte dann auch von außen kommen.“ Eine Tendenz gebe es, „aber zunächst will ich mit den Kollegen sprechen, welche Schwerpunkte sie setzen wollen“.

Er wird sich Zeit nehmen, sich auf seine neue Aufgabe vorzubereiten. Sieben Monate bleiben ihm dafür noch. „In dieser Zeit kann ich noch viel lernen“, sagt Scholl und blickt auf seinen Vorgänger Herbert Müller. Vom 1. Oktober an steht Scholl dann in der ersten Reihe. Dann ist er die Nummer eins.

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