EBM-Papst setzt auf Neo
Der Ventilatorenprimus treibt die Digitalisierung voran, investiert in Startups und verpasst seine selbstgesteckten Ziele. CEO Stefan Brandl lenkt in diesen Zeiten den Blick auf einen anderen Aspekt
red
25.06.2020 | 17:30
Mulfingen. Die schlechte Nachricht vorneweg: Das selbstgesteckte Ziel, die Marke von 2,2 Milliarden Euro beim Umsatz im Geschäftsjahr 2019/2020 zu überspringen, hat EBM-Papst nicht erreicht. Eine gute Nachricht hinterher: Der Technologieführer von Ventilatoren und Antriebslösungen musste immerhin keinen Rückgang hinnehmen und lag mit einem Plus von 0,2 Prozent auf 2,188 Milliarden Euro sogar ein klein wenig über dem vorherigen Geschäftsjahr.
So zeigt sich Stefan Brandl, Vorsitzender der Geschäftsführung, denn auch erleichtert: "Hinter uns liegt in den ersten drei Quartalen ein ordentliches Wachstumsjahr, das am Ende durch weitreichende Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter, Störungen in den Lieferketten und rückläufigen Auftragseingängen den Vorjahresumsatz nur knapp übertraf."
Wobei Brandl den Kurs der EBM-Papst auch in Sachen Pandemie als richtig ansieht: Durch die Internationalisierungsstrategie "local for local" könne man in den Regionen Europa, USA und China jeweils unabhängig agieren und reagieren. Deshalb hat der Konzen ab März bereits die Produktion in China wieder hochfahren können. Wobei die Mulfinger auch das Glück in die Hände spielte: Im vergangenen Geschäftsjahr wurde der dritte Standort in China und der zweite in den USA eröffnet – was weitere Unabhängigkeit sichert. Insgesamt wurden im vergangenen Geschäftsjahr 134,3 Millionen Euro (Vorjahr: 131,8 Millionen) investiert.
Das 2018 in die Schlagzeilen geratene Geschäftssegment Antriebstechnik/Automotive mit Sitz in St. Georgen hat sich im vergangenen Jahr robust gezeigt: Der Umsatz stieg nach der Umstrukturierung um 5,1 Prozent auf 527 Millionen Euro (Vorjahr 501 Millionen). Brandl sieht das Geschäftsfeld auch weiterhin als "einen Ankerpunkt in der Strategie" – und das trotz Corona und Transformationen bei den Fahrzeugherstellern: Die 2018 begonnen Umstrukturierungen hätten die Standorte St. Georgen, Herbolzheim und Lauf bestens aufgestellt, weitere Einschnitte seien deshalb nicht notwendig.
Anders als am Standort Landshut: Die dort angesiedelte Sparte Haushaltsgeräte steht aufgrund stärkeren Wettbewerbs aus Asien im Feuer, der Umsatz ging um 4,9 Prozent auf 321 Millionen Euro zurück. Der Geschäftsbereich steht lauf Brandl "vor strukturellen Anpassungen".
Die in der Zentrale in Mulfingen angesiedelte Sparte industrielle Lufttechnik wuchs um 1,6 Prozent auf 1,107 Milliarden Euro.
Die Zahlen zeigen aber auch: Das Kerngeschäft der EBM-Papst ist kein Selbstläufer mehr. Das hat auch CEO Brandl erkannt und treibt die Digitalisierung voran – und hat die eigene Denkfabrik Neo in ein eigenständiges Unternehmen umgewandelt, das künftig digitale Lösungen rund um die Gebäudetechnik mit Energiebilanz und Luftqualität in Gebäuden vermarkten. Brandl: "Als Innovationstreiber entwickeln wir mit Hilfe von IoT- und Cloudtechnologie neue Geschäftsmodelle, die unserem Unternehmen neue Wachstumspotenziale ermöglichen und unseren Kunden einen Mehrwert bieten werden."
Vor diesem Hintergrund hat sich EBM-Papst gleich noch an drei weiteren Startups beteiligt, um von einem schnellen Technologietransfer zu profitieren. Nähere Angaben machte das Unternehmen nicht.
Für das laufende Jahr zeigte sich Brandl verhalten optimistisch: Seit Juni verspüre man "deutlich bessere Tendenzen". Zusätzlich stieg die Nachfrage nach dem Segment Medizintechnik sprunghaft an – insbesondere Komponenten für Beamtmungsgeräte waren 15 Mal stärker nachgefragt, insgesamt wurden 1,5 Millionen Einheiten geordert.
Konkrete Ziele für das Geschäftsjahr 2020/2021 dennoch nicht aus.