Ein Loch für VW
Der Autobauer übernimmt Porsche und zahlt für den Deal keine Steuern. Das erhitzt die Gemüter. IHK-Chef Richter sieht kein Problem.
insc
05.08.2012 | 14:22
Foto: IHK Stuttgart/Nicola Lazi
In Wolfsburg und Zuffenhausen dürften die Champagnerkorken ziemlich laut geknallt haben. Vielleicht hat man das sogar bis ins Finanzministerium am Stuttgarter Schlossplatz gehört. Der Grund für die Feierlaune: Zähneknirschend musste das Finanzamt Stuttgart Volkswagen und Porsche eingestehen, dass die findigen Konzern-juristen ein Steuerschlupfloch gefunden haben, um die 4,5 Milliarden schwere Fusion zwischen beiden Autobauern steuerfrei über die Bühne gehen zu lassen. Eigentlich hatte Finanzminister Nils Schmid auf bis zu 1,5 Milliarden aus dem Deal gehofft.
Das Konstrukt, das diese Steuerschuld umgeht, ist einfach: Die Dachgesellschaft Porsche SE erhält nicht nur 4,5 Milliarden Euro für das Eingliedern ihrer Tochter Porsche AG in den VW-Konzern, sondern zusätzlich eine einzige VW-Stammaktie. Damit handelt es sich steuerrechtlich nicht mehr um einen Verkauf, sondern um eine Umstrukturierung. Wie das Stuttgarter Finanzamt wohl auch nach Prüfung auf allerhöchster Ebene rechtsverbindlich mitteilt, ergibt sich daraus tatsächlich auch kein Steueranspruch.
Der Finanzminister nimmt das mit einem Naserümpfen zur Kenntnis: „Es ist immer ärgerlich, wenn keine Steuern gezahlt und Steuerschlupflöcher genutzt werden“, schimpft Schmid. Nun müsse auf Bundesebene geprüft werden, ob man diese Lücke im Umwandlungssteuergesetz nicht schließen könne. Nordrhein-Westfalen stößt ins gleiche Horn.
Andreas Richter hat die knallenden Korken vielleicht ebenfalls gehört, schließlich sitzt auch er in Stuttgart. Im Gegensatz zur Politik findet er in der Rechtslage aber nichts Anstößiges: „Wer in der Öffentlichkeit leichtfertig den Eindruck erweckt, hier würden Konzerne zum Schaden der Gesellschaft den Fiskus prellen, betreibt puren Populismus und blendet die Hintergründe für solche Regelungen aus“, sagt der Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart.
Er verweist darauf, dass die derzeitige Regelung gute Gründe habe, denn sie diene nicht nur den Konzernen, sondern vielen kleinen und mittleren Betrieben.
„Im aktuellen Fall geht es nicht darum, dass ein Unternehmen keine oder künftig weniger Steuern zahlt, sondern darum, dass eine Umorganisation im Konzern keine Pflicht zur Steuerzahlung auslöst, denen keine Erträge zugrunde liegen“, heißt es bei der IHK. Ein Gewinn entstehe meist nur auf dem Papier, indem stille Reserven aufgedeckt würden. Echte Einnahmen hat das Unternehmen dadurch nicht, weshalb Steuern auf diese fiktiven Gewinne aus der Substanz der Unternehmen bezahlt werden müssten. „Wir brauchen steuerliche Regelungen, die diese Art von Umstrukturierungen ermöglichen“, sagt Andreas Richter deshalb. „Mit Steuerschlupflöchern hat das nichts zu tun.“