Fonds und Fleisch
Die zwei Gesichter des DG-Anlage-Skandals
ando
19.08.2011 | 17:06
Endlich einmal ein Thema, bei dem sich alle Beteiligten einig sind: Was rund um die maroden DG-Immobilienfonds passierte, ist ein Skandal! Ein dunkles Kapitel für etliche Volks- und Raiffeisenbanken – und für Tausende Anleger. Und doch, Sie ahnen es, hat auch diese Medaille zwei Seiten.
22?000 Investoren haben aufs falsche Pferd gesetzt. Ihre Anteile, rund 600 Millionen Euro, sind praktisch wertlos. Die Schuld dafür geben sie den Banken: „Beraten und verkauft. Skandalös!“ Schaut man sich einzelne Papiere und deren Vertriebsstrategie genauer an, dann stehen einem in der Tat die Haare zu Berge. Eine sichere Altersvorsorge und ein Fonds, der Geld einsammelt ohne dass überhaupt klar ist, wo dieses hinfließen soll – das passt beim besten Willen nicht zusammen.
Über einen ganz anderen Skandal klagen die Banker. Übrigens auch solche, die mit DG-Papieren nie etwas zu tun hatten. Kein einziges Institut, beschwören sie, hat vor 20 Jahren daran gedacht, irgendwelche Innenprovisionen offenzulegen. Gibt es einen Maschinenbauer, der Kunden seine Marge nennen muss? Dass Richter dies jetzt zum Anlass nehmen, auch seriöse Geschäfte rückabzuwickeln – mit welcher Form von Gerechtigkeit soll das vereinbar sein?
Letztlich muss man beide Seiten verstehen. Den geprellten Anleger, den es zweifelsohne gibt. Und den vom teils sicher übertriebenen Verbraucherschutz geplagten Banker. „Ein Metzger muss nicht warnen, dass zu viel Schweinefleisch krank machen kann. Der klatscht Ihnen das Zeug auf die Waage“, sagt ein Bankboss aus Nordbaden, der gut mit Worten umgehen kann.
Doch auch er weiß: Wer beim Fleischer seines Vertrauens Filet bestellt, will beim Blick in die Tüte nicht von einem Kotelett angelacht werden.