Hat Zollern bei Ministererlaubnis "geschwindelt"?

Das traditionsreiche Unternehmen durfte ein Joint Venture gründen – und gerät massiv unter Druck: Politiker und Gewerkschaften fordern eine Prüfung. Für Minister Altmaier kann das unangenehm werden

 
Foto: Zollern (Symbolbild)
 

Sigmaringen. Für einen Vorgang in der freien Wirtschaft klangen die Worte von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) beinahe pathetisch: Die Schaffung eines Joint Ventures zwischen der Zollern und der österreichischen Miba im Bereich der Gleitlager sei unter anderem für die Energiewende und damit für das Gemeinwohl absolut wichtig. Das war Mitte 2019 und die damals erteilte Ministererlaubnis setzte die Bedenken des Kartellamtes außer Gefecht.

Heute herrscht Ernüchterung. Sogar der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller formuliert scharf: "Mir drängt sich das Gefühl auf, dass im Vorfeld der Fusionsgenehmigung durch die Ministererlaubnis viele Beteiligte getäuscht worden sind. Das ist inakzeptabel." Der SPD-Landtagsabgeordnete Christos Pantazis fragt gar: "Wurde vor der Einholung der Ministererlaubnis geschwindelt?" Und Eva Stassek, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Braunschweig, zieht gar eine besondere Bilanz: Statt eines ehrbaren Kaufmanns sei das Joint Venture eine österreichische Heuschrecke.

Was ist in den vergangenen anderthalb Jahren geschehen, dass aus einem für das Gemeinwohl wichtigen Projekt ein Problemfall wurde?

Darauf gibt es eine Reihe von Antworten. So ist Zollern aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten und man hat Betriebsrestaurants geschlossen, was Arbeitsplätze kostete. Parallel wurden am Standort Laucherthal – dem Herzstück der Gruppe – gut 50 Arbeitsplätze im Bereich Feinguss abgebaut. All das hatte bereits Proteste vor Ort ausgelöst.

Doch der Sturm geht nun erst richtig los, da bekannt wurde, dass das Joint Venture von Miba und Zollern die Braunschweiger Hüttenwerke (BHW) bis in einem Jahr schließen wolle. Für mehr als 270 Menschen müssen dann Lösungen gefunden werden. Bei der BHW begründet man den Schritt mit einer rückläufigen Nachfrage und den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Von Seiten der Gewerkschaft zieht man diese Aussagen in Zweifel: "Die Auftragslage in Braunschweig ist gut", so der BHW-Betriebsratsvorsitzende Martin Grun.

Das hat auch mit einem anderen Vorgang zu tun: Die Miba hat laut verschiedenen Angaben die Galvanik-Patente übernommen und auf diesem Fundament in Österreich eine Produktion aufgebaut.

Für die Gewerkschaft mindestes ebenso angreifbar: "Es gab so gut wie keine Investitionen in den Standort", so Grun. Dazu muss man wissen: Die Erlaubnis von Altmaier beinhaltete auch die Auflage zur Investition von 50 Millionen Euro in die deutschen Standorten. Davon sollen in den vergangenen 18 Monaten höchsten 600.000 Euro geflossen sein.

Ein Vorgang, den auch CDU-Mann Müller umtreibt – wobei sich seine Aussage beinahe als Kampfansage liest: "Mit mindestens der gleichen Energie, mit der ich mich beim Bundeswirtschaftsminister in der ersten Jahreshälfte 2019 für die Ministererlaubnis verwendet habe, werde ich mich nun für eine umfassende und absolut konsequente Überprüfung der Einhaltung aller Auflagen einsetzen."

Da Minister Altmaier ohnehin aufgrund seines Agierens in der Pandemie vor allem bei den Mittelständlern in der Kritik steht, ist eine solche Ankündigung durch einen Parteifreund durchaus bemerkenswert.

Die Zollern-Gruppe ist ein Mischkonzern unter anderem im Besitz des Hauses Hohenzollern mit rund 3200 Mitarbeitern. Zur Gruppe gehört neben dem touristischen Ziel Schloss Sigmaringen auch eine Schreinerei, einer der größten Forstbetriebe, aber auch produzierenden Unternehmen aus dem Maschinenbau und der Gießereitechnik. Die Wurzeln reichen bis ins Jahr 1708 zurück – damit gilt die Gruppe als ältestes noch existierendes Familienunternehmen in Baden-Württemberg.

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