Hess AG: der Prozess steht an

Sieben Jahre nach der spektakulären Pleite beginnt in wenigen Tagen die juristische Aufarbeitung. Eine der Schlüsselfiguren muss nicht erscheinen

 
Foto: hess ag
 

Villingen-Schwenningen/Mannheim. Bereits am 7. Oktober soll der Strafprozess im Bilanzskandal des damaligen Leuchtenhersteller Hess beginnen. Das bestätigte das Landgericht Mannheim. Angeklagt werden der frühere geschäftsführende Vorstand Christoph Hess, der damalige Finanzvorstand Peter Ziegler und ein leitender Angestellter. Die Vorwürfe lauten unter anderem auf Bilanzmanipulation, umfangreiche Verstöße gegen das Aktienrecht sowie weitere Wirtschaftsstraftaten. Der Prozess ist auf zunächst 36 Verhandlungstage bis Ende März 2021 terminiert.

Damit hat die Kammer die gut 100 Seiten umfassende Anklageschrift der Staatsanwaltschaft fast unverändert zum Prozess zugelassen – fünf Jahre, nach dem das Schriftstück aufgesetzt wurde. Der lange Zeitraum sorgte immer wieder für Unmutsäußerungen, so geißelte der Insolvenzverwalter Volker Grub die Verzögerungen, mit Blick auf die "kleine beteiligten Handwerker", die sich erheblich früher verantworten mussten: "Es ist das große Versagen unseres Rechtsstaates, dass die Justiz auf allen Ebenen nicht richtig ausgestattet wird!"

Für Beobachter birgt die Liste der Angeklagten Überraschungen: So muss sich eine Geschäftsfrau aus der Schweiz nicht verantworten, die als Chefin mehrerer dubioser Firmen aus dem Netzwerk fungierte. Ihr Verfahren war im August gegen Zahlung einer Geldstrafe eingestellt worden. Und auch Seniorchef Jürgen G. Hess muss nicht erscheinen, obschon er vielen als treibende Kraft hinter den Machenschaften galt. Auch er kommt mit einer Geldzahlung davon, eventuell auch wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustandes.

Die damalige Hess galt lange Jahre als eines der schillernsten und innovativsten Unternehmen der Lichtbranche. Nach dem Börsengang im Oktober 2012 schlitterte die AG nur drei Monate später in die Insolvenz – und es flog ein weit verzweigten Geflecht an Schattenfirmen auf (hier finden Sie die gebündelte Berichterstattung in einem Dossier). Der Schaden lag bei mehr als 100 Millionen Euro – die Pleite war einer der spektakulärsten Wirtschaftskrimis im Land.

Die heutige Hess Licht + Form ist aus der Insolvenz hervorgegangen und arbeitet heute vollkommen unabhängig von den damaligen Akteuren.

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