„Ich hatte schlaflose Nächte“

Veranstaltungstechniker Martin Kranz über die Folgen der Corona-Krise für sein Unternehmen

 
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Freiburg. Die Corona-Krise hat die Veranstaltungsbranche hart getroffen. Konzerte, Kongresse und Messen wurden abgesagt. Nach wie vor gilt ein Verbot für größere Veranstaltungen. Den Veranstaltungstechniker Kranz Vilm hat das gleich doppelt getroffen, denn im November hat das Unternehmen mit seinem Neubau in Freiburg begonnen. Was das für die Firma bedeutet, erklärt Geschäftsführer Martin Kranz im econo-Interview.

Herr Kranz, wie hat sich die Corona-Krise bei Ihnen als Veranstaltungstechniker ausgewirkt?

Martin Kranz: Im März und April hatten wir keine Aufträge, nur Stornierungen. Etwa 70 Events wurden abgesagt. Der Umsatzschaden insgesamt beläuft sich auf etwa eine halbe Million Euro. Nicht eingerechnet sind Veranstaltungen, die aufgrund der unsicheren Lage gar nicht erst angefragt wurden.

Wie haben die Kunden reagiert?

Kranz: Am Anfang gab es eine regelrechte Panik. Da wurde alles abgesagt. Ich habe dann nachgefragt, ob tatsächlich im März eine Veranstaltung vom Oktober abgesagt werden muss. Aber Veranstaltungen brauchen eine gewisse Vorlaufzeit. Bei internationalen Kongressen ist ja immer noch nicht klar, wie es mit den Einreiseformalitäten läuft.

Und was hat es mit Ihnen gemacht? 

Kranz: In den ersten Wochen hatte ich natürlich schlaflose Nächte. Ich war nicht verängstigt, habe mich aber ständig gefragt, was ich nun tun kann? Der Bedarf ist weiterhin da. Und das Veranstaltungsverbot gilt ja noch bis Ende August. 

Gibt es bei Ihnen Kurzarbeit?

Kranz: Ja. Wir haben 15 Mitarbeiter, die Hälfte ist in Kurzarbeit. Ich rechne damit, dass sich das bis ins nächste Jahr ziehen wird.

Fangen Sie diesen Einbruch durch andere Tätigkeiten auf?

Kranz: Ja. Durch rein digitale und hybride Events sowie Festinstallationen. Live-Streams waren bislang immer ein Nebenprodukt von uns. Das ist jetzt im Moment unser Kerngeschäft. Wir machen Produktpräsentationen, Schulungen und ganze Kongresse online. Ob ich als Techniker einen Beamer an die Kamera anschließe, eine LED-Wand oder einen Live-Stream – das ist eigentlich egal. Durch Corona sind die Menschen offener für neue Kommunikationswege geworden. Kürzlich haben wir für einen IT-Konzern aus Neckarsulm unsere erste voll digitale Aktionärsversammlung gemacht.

Mit wie vielen Usern?

Kranz: Das waren rund 600. Wir haben da auch mit einem Notar zusammengearbeitet, weil es bei Hauptversammlungen natürlich sehr korrekt laufen muss, wer sich anmeldet. Das Thema geht weiter: Wir machen nun deutschlandweit von München bis Hamburg Hauptversammlungen. Die kritische Komponente ist einzig die Infrastruktur. Wo kein Breitband da ist, wird es schwierig.

Glauben Sie denn, dass dieses digitale Zusatzgeschäft langfristig bestehen bleibt?

Kranz: Ja, definitiv. Allerdings eher nicht bei den Aktionärsversammlungen. Diese komplett digital abzuhalten, geht nur in diesem Jahr. Dafür wurde extra ein Gesetz geändert. Aber die Nachfrage nach Streams wird ausgebaut. Da haben wir viele Ideen.

Zum Beispiel?

Kranz: Sie können von einer Veranstaltung, die mehrere Bühnen hat, einen digitalen Zwilling bauen. Stellen Sie sich vor, Sie sind im Konzerthaus bei einem Kongress und sitzen im Rolf-Böhme-Saal, dann können Sie über Ihr mobiles Gerät auch mal in den runden Saal schauen. Die Verbindung von analog und digital – das ist die Zukunft. Für uns schon die Gegenwart.

Wieso?

Kranz: Weil wir es schon machen. Bei den Meisterfeiern der Handwerkskammer haben wir schon immer einen Live-Stream angeboten, weil ja nicht alle Familienangehörigen vor Ort sein können.

Der SC Freiburg ist auch ein Kunde. Was machen Sie da?

Kranz: Wir machen digitale Pressekonferenzen. Der Trainer und sein Pressesprecher sitzen vor Kameras. Die Journalisten sind über ein Portal zugeschaltet. Christian Streich kann die Reporter auch sehen, wenn die ihre Webcam freischalten. Viele Pressekonferenzen dauern nur eine halbe Stunde. Wenn man dann trotzdem aktiv teilnehmen kann, ist das sicher ein Format für die Zukunft.

Konferenzen oder Schulungen zu digitalisieren ist ja nicht neu. Hat Corona jetzt eine Hemmschwelle abgebaut?

Kranz: Das ist so. Ich persönlich habe es vorher auch gemieden. Jetzt mache ich es zwei- bis dreimal die Woche.

Im November haben Sie angefangen zu bauen, investieren 4,5 Millionen Euro. Wie ist das Projekt von der Krise betroffen?

Kranz: Wir haben uns schnell mit dem Architekten und allen ausstehenden Gewerken getroffen und nach Lösungen gesucht. Sogar über einen vorübergehenden Stop der Bauarbeiten wurde beraten. Aber weil wir wieder Umsätze generieren, haben wir uns dagegen entschieden. Hier hat sich ausgezahlt, dass wir auf regionale Zulieferer und Dienstleister setzen. Alle haben ihre Unterstützung angeboten. So hat sich an Bau und Zeitplan nichts geändert. Nur die Finanzierung haben wir in Abstimmung mit der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau angepasst. Die Bank ist uns da sehr entgegengekommen. Und wir sind im ständigen Kontakt miteinander.

Was wird aus dem alten Standort?

Kranz: Der soll verkauft werden. 800 Quadratmeter, erste Reihe an der Robert-Bunsen-Straße. Daneben haben wir hier noch 450 Quadratmeter, die wir vermieten wollen.

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