IMS Gear: aufstehen, weitermachen!

Der Zahnrad- und Getriebehersteller einigt sich mit dem Betriebsrat über einen Arbeitsplatzabbau. Damit können die Umsatzeinbrüche im dreistelligen Millionenbereich und das tiefrote Ergebnis abgefedert werden. Der Vorstand plant derweil schon die Zukunft – und hofft auf einen Spatenstich

 
Foto: IMS Gear
 

Donaueschingen. "Es kommt eine Zeit nach der Krise." Der Ausspruch von IMS Gear-Vorstand Wolfgang Weber mag banal klingen, doch angesichts der aktuellen Lage hat er einen ungeahnt positiven Unterton – denn auch bei dem Zahnrad- und Getriebspezialisten prägen andere Themen die Agenda: Mit Betriebsrat und Gewerkschaft IG Metall hat sich das Unternehmen auf den betriebsbedingten Abbau von 144 Arbeitsplätzen an den deutschen Standorten geeinigt. "Wir haben einen guten Deal gemacht", umschreibt Weber das Gesamtpaket von Abfindungen bis Transfergesellschaft. Auch Franz Ritter, Gewerkschaftssekretär der IG Metall lobt: "Im Vergleich zu anderen Firmen ist es ein ordentlicher Kompromiss."

Denn: Eigentlich sollten bis zu 350 Arbeitsplätze betriebsbedingt abgebaut werden, um ein Einsparvolumen in Höhe von 25 Millionen Euro zu erreichen, zusätzlich zu weiteren zehn Millionen in anderen Kostenstellen. In den Verhandlungen wurde die Reduzierung der Zahl erreicht – auch weil 56 Menschen bereits im Rahmen von freiwilligen Aufhebungsverträgen das Unternehmen verlassen haben und weitere 100 über andere Maßnahmen wie frühzeitige Rente oder Nutzen von Fluktuation reduziert werden konnten. "Am Ende müssen nur noch 144 Stellen abgebaut werden, aber auch dahinter stehen Schicksale", so der Betriebsratsvorsitzende Wolfang Harter.

Mit den Mitarbeitern sollen die notwendigen Gespräche innerhalb weniger Tage und persönlich geführt werden, auch um die Zeiten der Unsicherheit so kurz wie möglich zu halten: "Diese Mitarbeiter zählen immer noch was für uns", stellt Vorstand Dieter Lebzelter klar. 

Allerdings zählt eben auch die eingangs erwähnte Zukunft. Deshalb haben Vorstände wie Betriebsrat in den "harten, aber konstruktiven Verhandlungen" (Harter) die Zukunftsthemen kaum angetastet. Das Herzstück ist dabei die Neustrukturierung der zersplitterten Standorte: In Donaueschingen entsteht ein "Technologie-Hub", wie es Vorstand Wolfgang Schilling umschreibt: Dort werden Entwicklung, Engineering und Ausbildung in einem ehemaligen Produktionsbereich konzentriert, wodurch man sich wiederum Impulse erhofft. Dafür wird ein kleiner Standort in einem Teilort von Donaueschingen geschlossen.

Auch der bereits angekündigte Bau des zweiten Abschnitts für den Standort in Villingen-Schwenningen gerät nicht aus dem Blick: "Wenn wir weiter wettbewerbsfähig produzieren wollen, dann brauchen wir diesen Ausbau", so Schilling. Durch die Konzentration an diesem Standort würden eine Reihe von Themen von Effizienz über Miete bis zum Werkverkehr auf einen Schlag abgearbeitet.

Grundsätzlich habe der Aufsichtsrat grünes Licht für den Ausbau in der Doppelstadt gegeben, nun fehle noch das endgültige Go, erläutert Lebzelter. Und der Spatenstich? "Ich würde mir den Baubeginn im Frühjahr 2021 wünschen", so der Vorstand.

Übrigens: Von einer Verlagerung der Produktion in andere europäische Länder hält man bei IMS Gear ausdrücklich nichts. Weber: "Die Gesamtrechnung geht nicht auf." Von den Fachkräften bis zu den Produktionsnetzwerken gebe es zu viele Rädchen, die reibungslos ineinander greifen müssten. Allerdings sagt auch er: "Um aber in der Region auch künftig produzieren zu können, müssen wir an unserer Produktivität arbeiten."

Dass sich das Aufsichtsgremium die Entscheidung über eine derartige Investition nicht leicht macht, ist indes mit einem Blick auf die Zahlen verständlich: Weber rechnet für das laufende Jahr mit einem Umsatz in Höhe von 430 Millionen Euro –  Ende 2018 waren es noch 530 Millionen. Und für 2021 prognositiziert man Erlöse auf dem Niveau des Jahres 2016, damals standen 479 Millionen Euro in den Büchern. Ergo müssen die Kosten entsprechend angepasst werden.

Zumal Vorstand Lebzelter für das laufende Jahr mit einem Verlust zwischen 20 und 25 Millionen Euro plant, bevor ab dem kommenden Jahr dank der eingeleiteten Maßnahmen wieder schwarze Zahlen geschrieben werden können: "Das zeigt, dass wir dringend handeln mussten." Auch wenn man sich mit dem Bankenkonsortium auf einen – teuer erkauften – Deal geinigt hat und IMS Gear nicht von der Zahlungsunfähigkeit bedroht ist: "Wir haben für mehrere Jahre jede Menge Liquidität", so Lebzelter.

Diese erkaufte Zeit will man im Vorstand zugleich für einen Umbau nutzen: Zwar sei man "nicht auf der Flucht" aus dem Automotive-Bereich, wie Schilling betont, dennoch will man die Abhängigkeit von diesem Bereich reduzieren. Helfen soll dabei ein Ausbau des Vertriebs für die Standard-Planetengetriebe sowie der Vorstoß in den Bereich der Mikromobilität, beispielsweise mit Kleinfahrzeugen im Logistikbereich. In "fünf bis zehn Jahren" will man auf diese Weise das Automotive-Segment von aktuell 90 Prozent auf dann noch 70 drücken. Schilling: "Die Potenziale dafür sind da."

Teilen auf

Das könnte Sie auch interessieren