Kampf um Rolf Benz
Die Muttergesellschaft Hülsta will den Nagolder Möbelhersteller an einen Chinesen verkaufen. Doch der Büromöbelspezialist Interstuhl schießt quer
red
02.03.2018 | 16:00
Nagold. In den Tageszeitungen wurde bereits der Vollzug gemeldet: Die Hüls-Gruppe habe Rolf Benz an die Kuka Investment und Management verkauft, einer Tochter des chinesischen Polstermöbelriesen Jason Furniture mit gut 4,5 Milliarden Euro Jahresumsatz. Dem sei ein mehrmonatiger Prozess vorangegangen, am Ende wurden noch mit fünf Investoren verhandelt.
Benz-CEO Jürgen Mauß wurde mit den Worten zitiert man sehe in dem Eigentümerwechsel "vor allem Chancen". Zudem habe man Ängste der Belegschaft in einer großen Fragerunde zerstreuen können.
Das war am Donnerstag. Am Freitag Nachmittag nun meldet sich der Büromöbelhersteller Interstuhl aus Messstetten-Tieringen mit einem offenen Brief zu Wort – und Geschäftsführer Joachim Link schießt darin scharf: "Unser Angebot mit einem Ebitda multiple von rund 12 liegt auch für die Branche extrem hoch. Doch obwohl dieses Angebot unseres Wissens nach eher besser lag als das, des nun offenbar zum Zug kommenden chinesischen Polsterriesen Kuka Investment und Management, haben wir unverständlicherweise den Zuschlag nicht erhalten."
Seiner Ansicht nach stelle der Verkauf "für die Firma Rolf Benz, für Süddeutschland und für die Möbelbranche insgesamt" eine große Veränderung dar, die sich negativ auswirken werde: Link fürchtet einen "massiven Abbau von Arbeitsplätzen", da Kuka in China eine große Produktion habe und "hauptsächlich an der Vertriebsorganisation und Marke" interessiert sei. Zugleich wolle Kuka die eigenen Möbel in Europa platziere und Marktanteile übernehmen. Link: "Oft sind die Möbelexporte vom chinesischen Staat subventioniert. Dies schadet der ohnehin angeschlagenen Möbelindustrie immens."
Link weiter: "Mir fehlt das Verantwortungsbewusstsein der Entscheidungsträger in diesem Fall, dazu gehört die Familie Hüls ebenso, wie Banken und sonstige Einflussträger. Ich bin überzeugt davon, dass Hülsta sich mittelfristig selbst enorm schaden und den eigenen Wettbewerb in Deutschland und Europa mit aufbauen wird. Uns als gesundem Familienunternehmen Interstuhl bleibt nun – da es eben noch kein Closing gegeben hat – nur die leise Hoffnung, dass durch politischen Einfluss doch noch eine Wende in diesem schädlichen Bieterprozess herbeigeführt werden kann. Interstuhl ist auf jeden Fall nach wie vor bereit, den Deal abzuschließen und damit Verantwortung für die Region, die Branche, die Fa. Rolf Benz zu übernehmen."
Eine Reaktion von Hülst auf den offenen Brief lag zunächst nicht vor.
Die zur Hüls AG gehörende Hülsta-Gruppe, zu der neben Hülsta Marken wie Parador und Ruf-Bett gehören, befindet sich seit einigen Jahren in dem "Top-16" genannten Turnaround-Programm. Laut der zuletzt veröffentlichten Bilanz 2015 wurden 488 Millionen Euro in der Gruppe umgesetzt – und die Prüfer stempelten ihren Vermerk mit dem Hinweis "bestandsgefährdet". Der Verkauf von Rolf Benz sollte in dem Programm weitere Luft verschaffen.
Übrigens: Ein Porträt über die Interstuhl-Geschäftsführer finden Sie hier.