„Kopf an Kopf“
Für den Waldkircher Sensorhersteller Sick war auch 2011 ein Rekordjahr. Im Econo-Interview spricht Vorstandschef Robert Bauer über Erfolgsfaktoren, Wettbewer und die Milliardenmarke.
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02.05.2012 | 15:49
Foto: Michael Bode
Herr Dr. Bauer, ist die Sick AG noch ein „Hidden Champion“?
Robert Bauer: Wir veröffentlichen seit 1995 einen Jahresbericht und stehen im Fokus der Öffentlichkeit. Daher kann ich mit diesem Begriff nicht so viel anfangen. Tatsache ist, dass wir eine sehr starke Marktstellung haben.
In welchen Segmenten ist die Sick AG Weltmarktführer?
Bauer: In Einzelbereichen. Dazu zählt etwa die Lichtlaufzeitmesstechnik, also die Abstandsmessung mittels Laser in der industriellen Fertigung. Außerdem sind wir in der Sicherheitstechnik für Unfallschutz weltweit führend.
Sie betonen, Ihr Geschäftsmodell basiere auf dem Bestehen eines eigenständigen Marktes für Sensorik.
Bauer: So ist es.
Wie groß ist denn dieser Markt?
Bauer: Der für uns relevante industrielle Teil umfasst weltweit einen Jahresumsatz von 20 Milliarden Euro.
Wer sind Ihre wichtigsten Wettbewerber?
Bauer: Wir haben nur Wettbewerber in einzelnen Segmenten. Es gibt keine Firma, die eine solch breite Mischung hat wie die Sick AG. In der Fabrikautomation zählen beispielsweise Omron und Keyence aus Japan zu unseren Hauptwettbewerbern.
Omron galt bis vor kurzem als führend. Haben Sie die Japaner mittlerweile überholt?
Bauer: Das hängt schwer am Yen-Kurs (lacht).
Sie liefern sich also ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Omron?
Bauer: Das kann man so sagen.
Strategisch setzen Sie auf eine Transnationalisierung mit so genannten Hubs in den USA und in Asien. Was muss man sich genau unter diesen Hubs vorstellen?
Bauer: Wir decken unsere Märkte mit regionalen Produkt-Zentren ab. In Europa ist das Waldkirch, in den USA Minneapolis und in Asien Singapur. Die Tiefe geht soweit, dass wir in jedem Zentrum Produktion, Entwicklung und Produktmanagement für die jeweilige Region etablieren.
2011 haben Sie erneut Rekordwerte bei Umsatz und Gewinn erzielt. Welches waren die wichtigsten Erfolgsfaktoren?
Bauer: Den Erfolg haben wir vor langer Zeit vorbereitet. Neben der Erschließung der internationalen Märkte haben wir stets mehr als neun Prozent unseres Umsatzes in Forschung und Entwicklung investiert. Und das wollen wir auf jeden Fall so beibehalten.
Von welchen gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen profitiert Sick am meisten?
Bauer: Je mehr die Globalisierung voranschreitet, desto stärker industrialisiert sich die Welt. Diese Industrialisierung bedingt einen zunehmenden Automatisierungsgrad in den Produktionen. Und dadurch steigt die Nachfrage nach Sensorik. Die zuletzt stark gestiegenen Löhne in den Schwellenländern verstärken diesen Effekt. Wenn die Lohnkosten um 20 bis 30 Prozent steigen, sind die Firmen gezwungen, zu automatisieren.
Sick ist auch in den westlichen Industriestaaten stark gewachsen. Welche Faktoren spielen Ihnen hier in die Hände?
Bauer: Dort ist der Effekt noch extremer. Das Kostenniveau der Arbeitskräfte ist sehr hoch. Gleichzeitig fragen die Kunden zunehmend individuelle Produkte nach. Diese Flexibilität bedarf ebenfalls eines sehr hohen Sensorik-Anteils in der Produktion.
Inwieweit hat die Sick AG 2011 vom Erfolg der Autoindustrie profitiert?
Bauer: Ich schätze, dass wir etwa ein Viertel unseres Wachstum der boomenden Autoindustrie zu verdanken haben.
Volkswagen will bis 2016 allein in China rund 14 Milliarden Euro investieren. Ist das auch ein Großauftrag für Sick?
Bauer: VW ist ein guter Kunde. Wir haben einen hohen Anteil an der Sicherheitstechnik bei VW.
Sie haben in den vergangenen Jahren ein gigantisches Wachstum erreicht. Soll das in diesem Tempo weitergehen?
Bauer: In diesem Jahr werden wir zu normalen Wachstumsraten zurückkehren. Im Schnitt der vergangenen 15 Jahre lagen wir bei zehn Prozent. Die 26 Prozent von 2010 und die 20 Prozent von 2011 beinhalten Aufholeffekte aus der Krise.
Wann wird die Sick AG beim Umsatz die Milliarden-Marke knacken?
Bauer: Wir prognostizieren das nicht für 2012.
Für 2013?
Bauer: Wenn die Welt stabil bleibt, wird das so sein.
Herr Dr. Bauer, vielen Dank für das Gespräch.