Langeweile führt zur Gründung

Vor sieben Jahren machte Jessica Schilling eine Erfahrung, die sie als „blanken Horror“ umschreibt – am Ende war das der Anstoß zur Gründung von Cucap: ein Silikonstöpsel für Cupcakes. Der Zuspruch der Kunden ist so groß wie die Frage nach der Zukunft

 
Foto: Cucap
 

Mühlheim. Irgendwann sind eben alle Bücher gelesen, alle Fernsehsendungen geschaut, alle Aussicht vor dem Fenster genossen. Damals vor gut sieben Jahren war Jessica Schilling aufgrund einer Erkrankung gezwungen, daheim zu bleiben. Da sie aus einer umtriebigen Unternehmerfamilie stammt, war diese Erfahrung der "blanke Horror". Der Verzweiflung nahe ging sie irgendwann in die Küche: "Aus purer Langeweile habe ich angefangen zu backen. Das war vorher überhaupt nicht mein Ding", lacht Schilling - und hatte damals keine Ahnung, dass sich daraus sogar ein Geschäftsmodell entwickelt.?

Aufgrund mangelnder Backerfahrung fokussierte sich Schilling nämlich auf Muffins und Cupcakes: "Die gehen schnell und einfach." Der Nachteil: "Sie bestehen fast nur aus Teig." Und werden damit schnell fad, vor allem, wenn es diese kleinen Kuchen sehr häufig gibt. "Deshalb habe ich angefangen, die Cupcakes auszuhöhlen und zu füllen." Das Ergebnis war zwar schmackhaft - das Problem mit der Menge an Teig aber blieb. Irgendwann mochte auch Schillings Freund nicht mehr diese Reste verputzen.

Ergo brauchte es eine andere Lösung: "Ich musste irgendwas in den Teig stopfen, damit schon beim Backen ein Loch für die Füllung entsteht." Ihr schwebte eine Art Stöpsel vor. Schilling ging im elterlichen Präzisionstechnikunternehmen ins Lager, durchwühlte es nach geeignetem Material. Das war schnell gefunden: Ein Kunststoff, mit dem Schraubendreher für Chirurgen griffiger gemacht werden.?

Damit begann die eigentliche Arbeit: Wie müsste denn so ein Stöpsel ausschauen? Welche Eigenschaften das Material haben? Hitzebeständigkeit? Lebensmittelgeeignet? Am Ende landete Schilling bei einem Silikon und der Teigstöpsel schaut tatsächlich aus, wie man sich einen solchen Stöpsel als Laie vorstellt.

In schier endlosen Reihen probierte Schilling das Helferlein aus - befand es für gut und buk damit fortan Cupcakes in tollen Varianten, bis hin zur Schwarzwälder Kirschtorte. Die überzeugte nicht nur geschmacklich: "Fünf Jahre lagen mir meine Freunde in den Ohren: Das brauchen wir auch!"

Also wurde aus diesem "Das", sprich dem Stöpsel, eine Geschäftsidee: Cucap wurde geboren. Und wieder begann die Arbeit für Schilling: Geschäftsmodell ausarbeiten, Marketing und Verkaufskanäle aufbauen, das Verpackungsdesign entwickeln, vor allem aber einen Hersteller für die Silikonprodukte finden. Dabei machte sie eine ganz ähnliche Erfahrung wie die Gründerinnen von "Pinke Welle" - in Deutschland lässt sich nicht wirtschaftlich produzieren. "Bis zu 32 Euro hätte jeder Stöpsel gekostet, plus 15.000 Euro Kosten für das Werkzeug", so Schilling: "Das geht nicht!"

Denn nach Recherchen hatten sich die Eckdaten in Sachen Kosten schnell herauskristallisiert: Mehr als 20 Euro dürfen die Stöpsel im 12er-Set nicht kosten. Fündig wurde die Cucap-Gründerin am Ende bei einem Anbieter in China.

Seit Mitte des Jahres bietet Schilling die Produkte nun an, ist in einigen Supermärkten gelistet, hat einen eigenen, stark frequentierten Onlineshop, entwickelt parallel Rezepte von süß bis herzhaft weiter und arbeitet an einem Rezeptbuch, hat das Produkt schon bei entsprechenden Fernsehsendungen platzieren können, arbeitet mit Influencern und entwickelt Backmischungen mit einem Mühlenbetrieb. Kurzum: Die Arbeit geht ihr nicht aus, der Zuspruch dafür ist groß. Und Anfragen kommen sogar aus den führenden Cupcake-Märkten weltweit: Brasilien, Russland und den USA. Schilling: "Deutschland ist hier eher noch Entwicklungsland." Schaut man sich indes auf Websites und in Foren um, dann merkt man sofort: Die Pandemie hat auch hierzulande die Menschen in die Küchen getrieben - die backende Aufholjagd hat begonnen...

Das merkt auch Schilling. Als Einzelkämpferin steht sie nun aber vor der entscheidenden Frage: Wie geht sie damit um? Zwischen der Optimierung des Onlineshops, der Entwicklung von Rezepten, dem Kontakt mit Kunden und dem Aufbau des Händlernetzes sind die 24 Stunden eines Tages rascher zu Ende, als Haken an die Aufgabenliste gemacht werden können.

Wichtiger aber: Sie muss in dieser Boomphase ihr Geschäft skalieren! Bei bis zu 80.000 Sets pro Monat sieht Schilling den Bedarf: "Das muss man vorfinanzieren. Deshalb bin ich auf der Suche nach Investoren."Wie die Gründerin das macht? Dazu hält sie sich bedeckt.

Wobei eines klar ist: Eigentlich ist Cucap genau die Kragenweite für die Investoren aus einer bekannten Fernsehsendung.

Schilling äußert sich dazu bewusst nicht. Ihre Aussage deutet aber den Willen zum Erfolg an: "Cucap wird durch die Decke gehen, davon bin ich überzeugt!" Und damit hätte der "blanke Horror" von vor sieben Jahren am Ende doch noch eine positive wirtschaftliche Seite gehabt, nicht nur eine wohlschmeckende.

Übrigens: Cucap nimmt an der ersten Runde der "Gründergarage" der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg teil, econo ist Partner dieser Initiative.

Teilen auf

Das könnte Sie auch interessieren