Mauser-Werke unterm Schutzschirm
Das traditionsreiche Maschinenbauunternehmen zieht nach Jahren der roten Zahlen die Reißleine. Die Gewerkschaft erhebt einen schweren Vorwurf
red
05.11.2020 | 09:00
Oberndorf. Die Mauser-Werke Oberndorf Maschinenbau, kurz MWO, hat Antrag auf ein Schutzschirmverfahren gestellt, das Gericht hat Rechtsanwalt Holger Leichtle zum Sachwalter bestimmt – der war erst im Mai mit seinem Team von der Kanzlei Schultze & Braun zur Kanzlei Görg gewechselt. Eine Einschätzung zu MWO von Seiten der Kanzlei liegt noch nicht vor.
Dafür hat sich die IG Metall Freudenstadt geäußert: "Leider war und ist kein neues Produkt in Sicht, keine Innovation", so die Einschätzung des Zweiten Bevollmächtigten Georg Faigle. Kurzum, MWO habe den Wandel der Automobilindustrie weg vom Verbrenner hin zu alternativen Antrieben noch nicht in neue Technologien umgesetzt. Die Oberndorfer entwickeln und produzieren unter anderem Bearbeitungszentren und Handlingtechnologien, die bei der Bearbeitung von Pleulstanden zum Einsatz kommen. Zuletzt hatte man vor einigen Jahren mit der Baureihe PSMC einen "Hoffnungsträger" ins Rennen geschickt, dessen modularer Ansatz die Wende bringen sollte.
Beim Blick in die veröffentlichen Zahlen lässt sich der Einwurf der Gewerkschaft durchaus nachvollziehen. Im Geschäftsjahr 2018/2019 sind Auftragseingang und -bestand jeweils kräftig abgeschmolzen – allerdings nach einem sprunghaften Anstieg im Geschäftsjahr 2017/2018. Dafür steht seit Jahren unterm Strich ein Minus. Dabei lässt die Begründung aufmerken: Man habe "Aufträge nicht plangemäß abgearbeitet", räumt die Geschäftsführung ohne größere Begründung im Bericht ein. Und für das Geschäftsjahr 2019/2020 rechneten die MWO-Verantwortlichen mit einem um ein Drittel rückläufigen Umsatz – das Ergebnis dürfte intern entsprechend prognostiziert worden sein.
Schon damals kündigte man an, ein Restrukturierungskonzept auszuarbeiten und wollte im Geschäftsjahr 2021/2022 zurück in die Gewinnzone. Mitte des laufenden Jahres folgte dann die Ankündigung, im Rahmen von Strukturanpassungen mehr als 60 der 138 Mitarbeiter abbauen zu wollen – wobei zu dem Zeitpunkt bereits gut 20 Personen das Unternehmen verlassen hatten. Denn: In den Vorjahren lag die Zahl der Mitarbeiter recht konstant bei 159 Mitarbeitern. Ein Sozialplan war laut Gewerkschaft bis zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht aufgestellt worden, dafür hatten weitere mindestens zehn Mitarbeiter MWO verlassen.
Zwei Punkte dürften nun das weitere Verfahren entscheidend beeinflussen:
# Die MWO hat kaum Kredite in Anspruch genommen, dafür springen die Mütter Management Trust Holding und Krause + Mauser Holding mit Zahlungen in Millionenhöhe ein.
# Die Management Trust Holding mit Sitz in Österreich hat laut übereinstimmenden Berichten nach einem Wechsel in der Führung die Überprüfung der Beteiligungen angekündigt. In diesem Zuge soll auch die Krause + Mauser Holding als Mutter der MWO zum Verkauf stehen. Details gibt es noch nicht – aber das Verfahren dürfte die Gedanken beschleunigen.
MWO geht auf die Gründung einer königlichen Gewehrfabrik im Jahr 1812 zurück. In den folgenden Jahrzehnten entwickelten die Oberndorfer ein buntes Portfolio – von Waffen über Fahrzeuge und Rechenmaschinen bis eben ab 1980 Bearbeitungszentren. 1994 gingen die beiden Unternehmen Krauseco und Mauser zusammen.