“Nimm Dir die Freiheit, Deine Kreativität zu entfalten“
Sponsored Post: Im Rahmen der Reihe ERFOLGSGESCHICHTEN spricht KNAISCH CONSULTING mit Evelyne Freitag, Mitglied der Geschäftsführung und CFO bei Sanofi, zum Thema „Der Erfolgsfaktor Mensch“. Die Deutsch-Französin erzählt dabei sehr offen über ihren bisherigen Werdegang, was ihr als Persönlichkeit wichtig ist und was sie von der Frauenquote hält
red
23.04.2021 | 08:00
Wie geht es Ihnen und Ihrem Unternehmen in Zeiten der Covid-19-Krise? Wo genau liegen die Herausforderungen in dieser Zeit für Sie und Ihr Unternehmen?
Evelyne Freitag: Zuerst war es ein Schock. Wie alle anderen mussten wir von einem Tag auf den anderen Lösungen finden, um unsere Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen. Aber während um uns herum die globale Wirtschaft stillgestellt wurde, mussten wir die Lieferfähigkeit lebenswichtiger Medikamente aufrechterhalten. Doch genau das war wie ein mentaler Turbo: Plötzlich war glasklar wofür wir arbeiten und welche Verantwortung wir für die Menschen tragen, die auf eine Versorgung mit teilweise lebensrettenden Präparaten angewiesen sind.Und jetzt sind wir stolz wie nie. Die Pharmabranche hat einen echten Weltrekord hingelegt. Bis 2020 haben wir in sehr lange Zyklen gedacht und gearbeitet: Rund 10 Jahre dauert es normalerweise, um aus Millionen von Molekülen am Ende EIN marktfähiges Medikament zu zaubern. Mit COVID haben wir gelernt, deutlich schneller zu drehen, ohne die Sicherheit und Qualität zu beeinträchtigen. Das geht nur, wenn alle Akteure der Gesundheitsbranche zusammenspielen, von der Forschung über die Produktion bis hin zu den Regulatoren und der Politik. Und was soll ich sagen: Es sind erst 12 Monate vergangen und Europa stehen drei Impfstoffe zur Verfügung - und weitere sind im "Landeanflug"!
Auf den ersten Blick kann man annehmen, dass die Pharmaunternehmen einer der Profiteure der Pandemie sind. Ist dieser Eindruck korrekt?
Evelyne Freitag: Nein. Covid-19 ist für niemanden ein Lottogewinn. Auch nicht für uns. Aufgrund des schnellen Infektionsgeschehens und der hohen Mortalität stellt uns Covid-19 - neben den Herausforderungen in Forschung und Entwicklung - auch vor Herausforderungen bei den Zulassungen, Produktions- und Fertigungskapazitäten bis hin zur Distribution derart großer Mengen. Als Finanzfrau muss ich vor allem die unternehmerischen Risiken und Nebenwirkungen im Blick haben. Die Wette "Alles auf Covid-19!" wäre schlichtweg verantwortungslos. Bis zur Markteinführung eines Medikamentes fließen im Durchschnitt bis zu 800 Millionen Euro. Und was, wenn das Corona-Virus so sehr mutiert, dass die teuer entwickelten Wirkstoffe gegen künftige Viren-Generationen nicht mehr helfen?
Wie gehen Sie also mit diesen Herausforderungen um?
Evelyne Freitag: Wichtig ist der klare Fokus: Wir wollen das Virus besiegen, nicht die Konkurrenz! Also schließen wir vielfältige cross-funktionale Allianzen mit Politik und Regulatoren, mit Universitäten und Startups und, ja, auch mit Wettbewerbern. Wenn andere Firmen schneller eine Zulassung bekommen, unterstützen wir die Versorgung der Bevölkerung mit deren mRNA-Impfstoffen, in dem wir unsere Produktionskapazitäten zur Verfügung stellen.
Sie haben einen spannenden beruflichen Werdegang. Möchten Sie uns etwas zu Ihren beruflichen Stationen vor Ihrer jetzigen Position als Geschäftsführerin und CFO bei Sanofi Deutschland erzählen?
Evelyne Freitag: Wie es sich als Französin in Deutschland gehört, habe ich in Paris, Stuttgart und Fontainebleau studiert und meine Karriere nach einer ersten Station bei Kraft Jacobs Suchard beim Daimler-Konzern begonnen. Sieben Jahre habe ich in verschiedenen Finanzpositionen an innovativen Geschäftsmodellen mitgearbeitet; Höhepunkt war die Neuentwicklung des Smart-Mobilitätskonzeptes. Das war mehr als ein neues Auto. Das war ein komplett neues Geschäftsmodell. "Pay-per-Use" – heute in aller Munde, das haben wir damals erfunden!
Seither suche ich nach Entwicklungen und Transformationen in den Unternehmen. Mich reizt es, das innovative Potenzial der Unternehmen zu entwickeln. Das hat mich immer getrieben, ob bei Pentland, Pfizer oder – ein kurzes NGO-Zwischenspiel – bei einer Tochter der Hertie-Stiftung. 2011 übernahm ich als Geschäftsführerin und CFO die Verantwortung für die D-A-CH-Region des Reifenherstellers Goodyear Dunlop. 7.500 Mitarbeiter, 2,8 Milliarden Euro Umsatz. Am Ende gestaltete ich die Business Transformation EMEA. Zusätzlich übernahm ich den Aufsichtsratsvorsitz der börsennotierten Euromicron AG.
Seit 2017 bin ich bei Sanofi und treibe auch hier die Transformation voran. Dabei geht es nicht um technische Neuausstattung, sondern um digitale Strategien und den Mentalitätswechsel, auch im Finanzteam. Das ist extrem spannend. Und wenn etwas gut ist an Corona, dann dass die Pandemie die Digitalisierung extrem beschleunigt hat.
Wenn Sie zurückblicken: Was waren Ihre Erfolgsfaktoren bei dieser beeindruckenden Karriere?
Evelyne Freitag: Neugier, Freude am Lernen, Mut und Teamgeist.
Würden Sie aus heutiger Sicht etwas ändern? Was würden Sie auf jeden Fall wieder machen?
Evelyene Freitag: Ach, das ist so eine überflüssige Gedankenspielerei. Was wäre denn anders, wenn ich irgendetwas anders machen würde? Mein Leben ist mein Leben, und das bedeutet jeden Tag dazulernen, sich weiterentwickeln. Und manchmal entdecke ich auf einem Weg, den ich schon tausendmal gegangen bin, etwas Neues – und dann weiß ich nicht, war das schon immer da und ich habe es übersehen oder ist das neu dort. Wer hat sich verändert: die Welt oder mein Blick? Ich frage nicht: Was hätte ich tun können? Ich frage lieber: Was könnte ich noch tun?
Neben Ihrer Aufgabe als CFO sind Sie als Aufsichtsrätin in diversen Unternehmen tätig. Wie beurteilen Sie die gesetzliche Frauenquote? Ist eine vorgeschriebene Frauenquote aus Ihrer Sicht sinnvoll, um den Aufstieg von Frauen zu fördern?
Evelyne Freitag: Die Quote ist ein Motor der Diversität - allerdings nur eine Starthilfe. Denn das Denken im Kopf muss sich ändern, nicht der Hintern auf dem Vorstandssessel. Und dazu gehört auch, dass Männer lernen, Frauen ihre Erfolge zu gönnen.
Ihre Karriere hat Vorbildcharakter für viele Frauen. Wenn Sie Karriereberaterin wären: Was raten Sie jungen, ambitionierten Frauen?
Evelyne Freitag: "Nimm Dir die Freiheit, Deine Kreativität zu entfalten!" Das war der Rat meines Daimler-Chefs bei der Entwicklung des Smarts. Mein Job dabei waren die Finanzen. Klingt öde? War es aber nicht! Denn wir haben kreativ neue Geschäfts- und Bezahlmodelle erarbeitet und das neuartige Verfahren sogar bei den EU-Behörden durchgesetzt. Heute sind Car-Sharing, Pay-Per-Use und Vernetzung von ÖPNV und Individualverkehr der Schlüssel zu klimaschonender Mobilität. Sehr aufregend! Der Ratschlag meines Chefs wurde mein Lebensmotto: Er gab mir den Mut, meinen Weg zu gehen. Einen unbekannten Weg voller innovativer Ideen und kreativer Lösungen.
Hatten Sie während Ihrer Karriere Mentoren, Coaches und Vorbilder, die für Ihren Weg wichtig waren?
Evelyne Freitag: Na klar. Im Prinzip kann ich von allen Menschen irgendetwas abgucken und tue das auch. Es gibt nicht das eine Idol, aber es gibt unzählige Personen in meinem Leben, von denen ich gelernt habe. Früher waren sie meist älter, heute lerne ich oft von Jüngeren.
Sie haben zwei Kinder und einen verantwortungsvollen Beruf in einer Führungsposition. Wie lautet Ihr Erfolgsrezept für Frauen, die privat und beruflich erfolgreich sein wollen?
Evelyne Freitag: Ach, wissen Sie, ich bin Französin. Das Wort "Rabenmutter" gibt es nicht in meiner Muttersprache. Insofern habe ich nicht dieses perfide schlechte Gewissen wie manche deutsche Kollegin. Natürlich geht es um Verantwortung. Und das bedeutet im Job wie in der Familie eine gewisse Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit und Disziplin. Gleichzeitig nehme ich mir auch hier die Freiheit, andere Formen von Arbeits- und Präsenzkultur zu entwickeln, versuche nicht allzeitbereite Superheldin zu spielen, bis ich erschöpft umfalle. Aber das ist nicht immer leicht. Ich habe über die Jahre gelernt, um Hilfe zu bitten, Kinderbetreuung organisiert und ich lernte manchmal schmerzhaft, meine eigenen Grenzen zu akzeptieren.
Zum Thema Mensch und Führung: Welche Eigenschaften sind Ihnen bei Menschen, mit denen Sie zusammenarbeiten, wichtig und wie gehen Sie bei der Auswahl von Mitarbeitenden vor?
Evelyne Freitag: Ich mag es, wenn Menschen auf den beiden Beinen Zuverlässigkeit und Pragmatismus stehen, ein Herz voller Engagement und Leidenschaft tragen und ihr Körper von einem Kopf voller Inspiration und Begeisterung gekrönt wird. Gern kitzele ich aus schüchternen Menschen die Kreativität und den Mut heraus. Nicht leiden kann ich Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit, Gejammer und Denkfaulheit. Ist zum Glück in meinem Umfeld nicht sehr verbreitet.
Work-Life-Balance – gerade in Führungspositionen ein Begriff, der immer mehr Raum gewinnt. Was ist für Sie der Ausgleich zum Berufsalltag? Wann und wo können Sie wirklich abschalten?
Evelyne Freitag: Zum Abschalten habe ich drei Helferlein: das Klavier, den Tennisschläger und meine "Pubertiere".
Worüber können Sie herzlich lachen?
Evelyne Freitag: Über alles. Es muss schon sehr schlimm kommen, damit ich nichts zu lachen finde.
Haben Sie einen Leitspruch oder ein Lebensmotto, das Sie begleitet?
Evelyne Freitag: Der amerikanische Schriftsteller Samuel Becket hat es so schön formuliert: "Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better." – "Versuchen. Scheitern. Egal. Nochmal versuchen. Nochmal scheitern. Besser scheitern."
Gibt es ein Buch, das Sie gerne Menschen, die Ihnen etwas bedeuten, mit auf den Weg geben?
Evelyne Freitag: "Hector und die Entdeckung der Zeit" von Francois Lelord ist definitiv keine Zeitverschwendung und bringt mit Leichtigkeit zum Nachdenken über Zeit und Sein.
Albert Camus "Die Pest" ist in Corona-Zeiten eine Wiederentdeckung.
Marguerite Duras "Der Liebhaber" ein wunderbar bewegender Liebesroman, den die Autorin erst mit 70 Jahren voller Weisheit geschrieben hat.
Möchten Sie unseren Lesern zum Abschluss noch etwas mit auf den Weg geben?
Evelyne Freitag: Einen wunderbaren Satz für den Lebensweg hat uns allen die großartige Coco Chanel mitgegeben: "Die allermutigste Handlung ist immer noch, selbst zu denken. Laut."
Frau Freitag, wir danken Ihnen für das Gespräch!
// Evelyne Freitag ist seit April 2017 Mitglied der Geschäftsführung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH und für den Bereich Finanzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich. Insgesamt hat Sanofi weltweit mehr als 100.000 Beschäftigte, davon arbeiten etwa 9.000 Mitarbeitende an drei verschiedenen Standorten in Deutschland. Im Jahr 2019 erzielte das Unternehmen in Deutschland einen Umsatz von 4,47 Milliarden Euro.Frau Freitag verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Strategie und Finanzen, M&A sowie Business Operations & Development.
Vor ihrem Einstieg bei Sanofi im April 2017 war die Französin als Geschäftsführerin & Chief Financial Officer bei Goodyear Dunlop für die D-A-CH-Region und ab 2016 für die Business Transformation EMEA zuständig. Evelyne Freitag hat unter anderem sieben Jahre als Vice President Finance & Supply Chain bei Pfizer Deutschland gearbeitet sowie viele Jahre im Daimler-Konzern, in der Konsumgüterindustrie bei Kraft Jacobs Suchard und Pentland.
Seit Beginn ihrer Karriere war Evelyne Freitag in Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz bei englischen, deutschen, amerikanischen oder französischen Konzernen tätig. Souverän pendelt sie zwischen unterschiedlichsten Stakeholdern, ob Eigentümer oder Kapitalgeber, Kunde oder Lieferant, Belegschaft oder Behörde. Als Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung, als Außenhandelsrätin Frankreichs und Impulsgeberin am Französischen Generalkonsulat, als Regionalvorstand der "Financial Experts Association" oder im HypoVereinsbank-Frauenbeirat zeigt Evelyne Freitag zudem gesellschaftliches Engagement.
Sie bekleidet außerdem Aufsichtsratsmandate, derzeit als Aufsichtsratsvorsitzende der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst Gruppe VVaG und als Aufsichtsratsmitglied der Future Capital AG Hessen Life Sciences Chemie.
Übrigens: Alle Beiträge der Reihe ERFOLGSGESCHICHTEN finden Sie hier im Dossier.