„Rena wird weiterentwickelt“

Ein Rekord beim Auftragseingang und Investitionen in Millionenhöhe, der Einstieg eines neuen Investors und Forschungen zu Lithium-Ionen-Batterien: Der Spezialmaschinenhersteller Rena Technologies erlebt spannende Zeiten, wie CEO Peter Schneidewind und CFO Jürgen Ningelgen im Econo-Interview erläutern

 
Foto: RENA Technologies
 

Rena war in den letzten Jahren nicht mehr wirklich in der Öffentlichkeit präsent und auch die Photovoltaik-Industrie, die wichtigsten Abnehmer der Anlagen, hat schwere Zeiten hinter sich. Bei manchem Bankverantwortlichen soll das Wort Solar bis heute regelrecht Stresshormone ausschütten - wie haben Sie die vergangenen Jahre erlebt?

Peter Schneidewind:
Vielleicht waren wir in der Öffentlichkeit nicht so präsent, aber selbstverständlich haben wir die ganze Zeit hart gearbeitet! Deshalb haben wir die Phase der Umstrukturierungen längst hinter uns gelassen und sind mit Vollgas in Richtung Zukunft unterwegs. Belege dafür sind die vollen Auftragsbücher, der Aufbau eines temporären Standortes in Mönchweiler und die Erweiterung des Stammsitzes.

Lassen Sie uns gleich darüber sprechen, bleiben wir aber noch kurz bei der Photovoltaik-Industrie: Die Branche ist doch mehr tot als lebendig...

Jürgen Ningelgen:
Wenn Sie das auf die Produktion von Solarzellen in Deutschland beziehen, dann haben Sie recht. Es gibt aber viele Bereiche, die weiterhin gut laufen wie Spezialmaschinen für den Export aber auch Installation und Service. Zum Glück hat Rena aber seit Jahren in Asien und vor allem in China einen sehr guten Namen. Diese Märkte bedienen wir profitabel mit Anlagen der neuesten Generation und die Kunden sind zufrieden.

Schneidewind: Generell sehen wir in der Photovoltaik ein attraktives Segment. In China werden laut Prognosen die Kapazitäten zur Modulherstellung um 25 bis 35 Gigawatt aufgestockt und mit modernster Technologie ausgestattet. Wir haben dort einen Marktanteil von rund 50 Prozent, entsprechend groß sind unsere Potenziale. Hier haben wir offensichtlich im Stillen was richtig gemacht. (schmunzelt)

Wenn Asien so wichtig ist, wann wird dort eine Produktion eröffnet?

Schneidewind:
Das ist aktuell nicht geplant. Lieber bündeln wir das Know-how am Stammsitz in Gütenbach sowie unseren europäischen Standorten, um schlagkräftig und kosteneffizient agieren zu können.

Rena bleibt aber weiterhin abhängig von der Photovoltaik-Industrie?

Schneidewind:
Richtig ist, in der Vergangenheit gab es diese Abhängigkeit. Bis zu zwei Drittel des Umsatzes machten die Anlagen für diese Branche noch im Jahr 2017 aus. Seit 2018 sind wir sehr viel breiter aufgestellt: Gut 25 Prozent erwirtschaften wir mit unseren Kunden in der Photovoltaik, der überwiegende Teil unserer Anlagen wird nun in der Halbleiterindustrie und der Medizintechnik eingesetzt. Und wir erschließen uns stetig weitere spannende Felder, aktuell mit dem Thema Bearbeitung von Glasoberflächen.

Das Wort spannend bietet eine gute Überleitung: Im Frühjahr wurde Rena durch den Finanzinvestor Capvis an die Equistone Partners Europe verkauft. Wie haben Sie das erlebt?

Ningelgen:
Im Grunde genommen war es ein normaler Vorgang. Nach vier positiven Jahren hat sich Capvis von den Anteilen getrennt. Für uns ergeben sich durch die neuen Investoren weitere Entwicklungschancen. Ein guter Gradmesser für einen solchen Vorgang ist die Belegschaft: Hier hat der Wechsel so gut wie keine Wellen geschlagen.

Schneidewind: Das sehe ich genauso. Vor allem ist Equistone aufgeschlossen gegenüber Themen wie Akquise oder der Erschließung neuer Märkte. Das eröffnet uns noch einmal mehr Möglichkeiten.

Klingt als wollte Equistone richtig Gas geben - immerhin wurden in der dazugehörigen Mitteilung die Rena-Technologie hochgelobt und die Chancen betont.

Schneidewind:
Mit dem Gas geben ist es so eine Sache. Man muss ja keinen Blitzstart hinlegen, bei dem die Reifen durchdrehen. Besser ist es, kontinuierlich an Geschwindigkeit zuzulegen.

Sie haben aus der Schieflage der alten Rena gelernt?

Schneidewind:
So könnte man es ausdrücken, auch wenn die Konstellationen damals und heute natürlich in keiner Weise vergleichbar sind. Jedenfalls schauen wir uns sehr genau an, welche Möglichkeiten sich für uns ergeben, welche Unternehmen Partner werden könnten und auf welchen Märkten wir Chancen sehen.

Die Zeit haben Sie dafür? Immerhin ist Equistone eine Finanzinvestor...

Ningelgen:
Fest steht: Equistone wird Rena nicht umbauen, sondern unterstützt vollständig unseren Wachstumskurs. Eine konkrete Exitstrategie gibt es aktuell nicht.

Im Zuge des Einstiegs von Equistone hat auch die Geschäftsführung Anteile übernommen. Verraten Sie mehr darüber?

Schneidewind:
Zusammen hält das Management unter zehn Prozent der Anteile, mehr wollen wir dazu nicht sagen. Für uns ging es aber auch weniger um Prozentpunkte, als eine Signalwirkung: Wir halten an Rena fest! Das ist als eine Art Versprechen an die Belegschaft und die Kunden zu verstehen.

?Kommen wir zu den angekündigten Erweiterungen und Investitionen. Was ist konkret geplant?

Schneidewind:
Unsere Auftragsbücher sind weiterhin gut gefüllt, deshalb brauchen wir dringend mehr Platz. Wir haben Anfang 2019 in Mönchweiler eine Chance nutzen können und für zunächst zwei Jahre eine Halle angemietet. Dort sind aktuell 20 Mitarbeiter mit der Endproduktion von Anlagen beschäftigt. In Gütenbach werden wir mindestens 2500 Quadratmeter an neuen Produktionsflächen bauen, dazu die Montage und Logistik optimieren und teilweise die Büros aufwerten. Um auch für die Zukunft gerüstet zu sein, haben wir uns insgesamt schon mal 7000 Quadratmetern an Fläche gesichert.

Welche Summe wird investiert?

Ningelgen:
Insgesamt werden es rund vier Millionen Euro sein, die wir bis Ende 2020 hier am Stammsitz investieren werden.

Bei Rena hat man ergo keine Sorge vor einem Abschwung?

Ningelgen:
Wir haben in 2019 bislang einen Rekordauftragseingang erlebt! Aufträge im Wert von weit über 100 Millionen Euro stehen in den Büchern, zu 55 Prozent aus Asien, 35 Prozent aus Europa und zehn Prozent aus Nordamerika. Damit sind wir gut ausgelastet und können bislang keine Abrisskante erkennen. Aber wir haben Erfahrung genug, um deshalb nicht in Euphorie zu verfallen!

Dafür will Rena in einem Bereich mitmischen, der aktuell von einer Welle der Euphorie getragen wird: der Batterieproduktion. Dafür wurde eine Kooperation mit der Christian-Albrecht-Uni in Kiel eingegangen. Wie ist hier der Stand?

Schneidewind:
Das Projekt ist tatsächlich extrem spannend. Im Kern geht es darum, ein Fertigungskonzept für Silizium-Anoden in Lithium-Ionen-Batterien zu entwickeln. Der Vorteil dieser Anode gegenüber herkömmlichen aus Graphit ist die höhere Energiedichte: Die Speicher könnten bis zu zehn Mal mehr Energie aufnehmen. Das ist schon eine Wucht! Innerhalb von zwei Jahren wollen wir die Industriereife für das System erreichen, dafür suchen wir aber noch Partner.

Wer wäre ein idealer Partner?

Schneidewind:
Gerne würden wir in das Projekt Unternehmen aus dem großen Mittelstand einbinden, bevorzugt mit einer Expertise im Bereich Batteriezellenherstellung aber auch Materialexpertise aus der chemischen Industrie.

Da dürfte es in Deutschland, sogar in Europa nur ganz wenige natürliche Partner geben...

Schneidewind:
Auch in Europa entwickelt sich die Batterieindustrie gerade recht dynamisch. Unternehmen aus Asien, speziell China, sind in dem Bereich bisher aber deutlich aggressiver unterwegs. Dennoch suchen wir bevorzugt in Europa und sind auch für internationale Partner offen.

Wie hoch ist eigentlich die Forschungsquote bei Rena?

Ningelgen:
Zwischen fünf und sechs Prozent des Umsatzes – klingt vielleicht nicht viel, aber wir arbeiten eben nach dem Mini-Max-Prinzip und sind sehr effizient.

Ist das generell das Credo der neuen Rena?

Ningelgen:
Das ist überspitzt formuliert. Aber tatsächlich haben wir in den vergangenen vier Jahren sehr viel in Sachen Kosteneffizienz und Optimierung getan und unsere Hausaufgaben gemacht. Der Erfolg fällt schließlich nicht vom Himmel: Wir schreiben schwarze Zahlen.

Herr Schneidewind, Herr Ningelgen, haben Sie besten Dank für das Gespräch!

Peter Schneidewind, 51, ist seit zwei Jahren CEO bei Rena. Zuvor war er unter anderem beim Beratungskonzern Roland Berger und Bereichsvorstand bei Bosch.

Jürgen Ningelgen, 45, kennt das Auf und Ab bei Rena aus dem Effeff: er arbeitet bereits seit dem Jahr 2001 bei den Gütenbachern. Seit zwei Jahren verantwortet er als CFO die Finanzen, IT und den Personalbereich.

Die Rena Technologies ging nach der Übernahme durch Capvis im Jahr 2015 aus der insolventen Rena GmbH hervor. Heute gehört das Unternehmen wieder zu den führenden Herstellern von Anlagen für nasschemische Prozesse weltweit. Die Anlagen stehen bei Herstellern von Photovoltaikmodulen ebenso wie in der Halbleiterindustrie und der Medizintechnik, auch Glashersteller setzen auf die Technologie, um beispielsweise Oberflächen für Displays zu bearbeiten. Weltweit wurden bereits mehr als 3000 Anlagen installiert. Rena beschäftigt international 850 Mitarbeiter, davon 380 am Hauptsitz in Gütenbach. Die Gesamtleistung für das Jahr 2018 wird mit 122 Millionen Euro angegeben.

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