Richter: "genauer hinschauen"

Der Prozess um die Insolvenz des Leuchtenherstellers Hess endet wie erwartet – mit Ermahnungen und Emotionen

 
Foto: Hess AG
 

Mannheim/Villingen-Schwenningen. Der Prozess um die Pleite des Leuchtenherstellers Hess ist mit den erwartbaren Urteilen zu Ende gegangen: Die beiden ehemaligen Vorstände wurden zu Freiheitsstrafen auf Bewährung zwischen neun und 17 Montaten verurteilt. Die Große Wirtschaftsstrafkammer sprach das Duo unter anderem wegen Untreue, Kreditbetrug und Verletzung der Buchführungsplficht schuldig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und hatte sich nach den Prozessabsprachen abgezeichnet – für die Ex-Vorstände ist das Urteil deutlich günstiger, als es die Anklage hat erwarten lassen.

Das Gericht zeigte den beiden Ex-Vorstände Christoph Hess und Peter Ziegler klar auf, wo die Grenzen ihres Handels waren. So ließ es die Kammer nicht gelten, dass beispielsweise Hess von vielen Vorgängen schlicht nichts gewusst haben wollte. Gerade er als Vorstand hätte trotz teilweise dutzender Berater im Vorfeld des Börsengangs "genauer hinschauen müssen".

Auch die Staatsanwaltschaft rechnete dem Duo zwar die Geständnisse ebenso an, wie die Tatsache, dass keine persönliche Bereicherung stattgefunden habe: "Im vermeintlichen Glauben, für das Wohl der Firma zu handeln, sind Grenzen überschritten worden."

Da die damalige Hess für den grundlegenden Technologiewandel hin zur LED-Technologie sehr viel Geld benötigt hat, haben die Vorstände im gewissen Sinne kreativ die Bilanzen geführt, um die Kreditgeber zu überzeugen – und den Börsengang zu stemmen. Am Ende schrieb man sich innerhalb des komplizierten Firmenkonstrukts selbst Rechnungen. Insgesamt, so die Einschätzung der Staatsanwaltschaft, habe man Vorgänge bilanziell nicht aureichend dokumentiert und die Lage buchhalterisch generell nicht in den Griff bekommen.

Christoph Hess und Peter Ziegler räumten zwar Versäumnisse ein, zeigten sich nach eigenen und den Worten der Anwälte aber weiterhin davon überzeugt, dass es eine "feindliche Übernahme" der technologisch gut aufgestellten AG gegeben habe: Die Insolvenz hätte es nicht geben müssen.

Wobei das Duo sich am Ende emotional zeigte: Hess hat nicht nur seine Existenzgrundlage verloren, sondern nach den sich jahrelang hinziehenden, zermürbenden Ermittlungen auch teilweise seine Gesundheit. Mehrere Krankenhausaufenthalte zeugen davon. Und auch der eigentlich sehr überlegt agierende Ziegler gestand schlussendlich ein: "Mir geht die Kraft aus."

Die Hess rutschte vor gut acht Jahren kurz nach dem Börsengang spektakulär in die Pleite. Die gesamten Vorgängen können Sie hier im Dossier noch einmal nachlesen.

Klarstellung: Die insolvente Hess, von der in diesem Prozess die Rede ist, hat operativ nichts mit dem heutigen Unternehmen Hess zu tun. Im Zuge der Insolvenz wurde der Betrieb durch andere Eigentümer neu aufgestellt, Leuchten sind aber weiterhin das Kerngeschäft.

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