Schock bei IMS Gear

Den Kleingetriebehersteller trifft die Corona-Krise "mit voller Wucht" – das Führungstrio legt ein Sparprogramm im zweistelligen Millionenbereich auf: weitere 350 Arbeitsplätze werden gestrichen. An Investitionen wird dagegen festgehalten

 
Foto: IMS Gear
 

Donaueschingen. Die IMS Gear kündigt drastische Sparmaßnahmen an – weil durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie im zweiten Jahr in Folge ein Einbruch droht: "Wir mussten im Jahr 2019 einen Umsatzeinbruch von 80 Millionen Euro verkraften, unser Budget hat sich von ursprünglich geplanten 580 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro reduziert. Diese Belastung konnten wir mit einem Kostenprogramm jedoch teilweise kompensieren", blickt IMS Gear-Vorstand Bernd Schilling in einer Mitteilung auf das vergangene Geschäftsjahr zurück.

Seit Anfang dieses Jahres habe sich die Pandemie weltweit "mit enormer Wucht und rasender Geschwindigkeit ausgebreitet" Das spüre auch das Unternehmen: "Was die Umsatzentwicklung für das Jahr 2020 anbelangt, sind wir zunächst vorsichtig optimistisch von einer im Vergleich zum Vorjahr leichten Steigerung von 500 Millionen auf rund 520 Millionen Euro ausgegangen. Die Corona-Krise hat jedoch auch IMS Gear mit voller Wucht getroffen. Die Umsätze sind im ersten Quartal und insbesondere im April 2020 stark eingebrochen, weshalb wir neben anderen kostensenkenden Maßnahmen Kurzarbeit eingeführt haben und auch bis auf Weiteres fortführen werden", beschreibt IMS Gear-Vorstand Dieter Lebzelter die aktuelle Situation.

"Eine Prognose darüber", so Lebzelter weiter, "ob und wie schnell sich die Märkte von diesem 'Corona-Schock' wieder erholen werden, gleicht dem sprichwörtlichen Blick in die Kristallkugel. Was sich aber bereits deutlich abzeichnet und wovon wir ausgehen müssen: Anders als bei der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007, 2008 wird sich die konjunkturelle Erholung dieses Mal nur langsam einstellen. Fraglich ist zudem, ob und wann der Automobilmarkt wieder die Größenordnung erreicht, die er vor der Corona-Krise hatte."

Angesichts dieser geänderten Rahmenbedingungen werde sich der Umsatz von IMS Gear auch in den kommenden Monaten bis Jahresende zwangsläufig weit unter den ursprünglichen Planzahlen bewegen, wie es weiter heißt. "Wir können für das laufende Jahr nicht mehr von einem leichten Wachstum ausgehen, sondern müssen einen erneuten Umsatzeinbruch mit einem Volumen von circa 90 Millionen Euro verkraften. Unser Jahresumsatz wird sich in einer Größenordnung von höchstens 430 Millionen Euro bewegen und wir werden einen hohen Jahresverlust verzeichnen. Anders ausgedrückt: Einem Umsatz, der in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge deutlich eingebrochen ist, steht eine Unternehmensgröße – und damit Kostenstrukturen – gegenüber, die auf Wachstum auf einem viel höheren Niveau ausgerichtet war. Das Verhältnis zwischen Umsatz und Kosten ist also aus dem Gleichgewicht geraten. Dieses Gleichgewicht müssen wir wiederherstellen, um die Existenz unseres Unternehmens zu sichern", erklärt Lebzelter.

"Um IMS Gear auch weiterhin auf einer gesicherten finanziellen Basis und dauerhaft wettbewerbsfähig zu halten, müssen wir unser Unternehmen wieder in eine Struktur überführen, die dieser Umsatzentwicklung entspricht und Kosteneinsparungen in einer Größenordnung von mindestens 35 Millionen Euro erzielen. Davon entfallen rund 25 Millionen Euro auf Personalkostenanpassungen in Deutschland. Das entspricht einem Abbau von bis zu 350 Arbeitsplätzen. Hierzu werden wir mit den Arbeitnehmervertretern in Gespräche gehen, um eine für alle Beteiligten zukunftsfähige Lösung zu finden", geht IMS Gear-Vorstand Wolfgang Weber auf die Konsequenzen ein, die das Unternehmen jetzt zieht.

Bereits im vergangenen Jahr hat IMS Gear die Zahl der Mitarbeiter von 3700 auf 3400 abgebaut, wie Vorstand Schilling Ende Februar im econo-Interview sagte. Inzwischen wird die Zahl der Mitarbeiter mit 3300 angeben, davon 2000 in Deutschland.

Wolfgang Harter, Vorsitzender des IMS Gear-Betriebsrats, wird in der aktuellen Mitteilung zitiert: "Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen sich IMS Gear derzeit bewegen muss, sind zweifellos sehr schwierig. Dennoch wird es bei den jetzt anstehenden Gesprächen aus meiner Sicht vorrangig darum gehen, den Stellenabbau auf einem absolut erforderlichen Minimum zu halten und soziale Härten weitestgehend zu vermeiden beziehungsweise abzufedern."

Der geplante Abbau der Arbeitsplätze soll an allen deutschen Standorten erfolgen, wie Bernd Schilling auf econo-Nachfrage sagt: "An den Standorten an sich wird aber nicht gerüttelt." Einen Zeithorizont für den Abbau wollte er mit Blick auf die beginnenden Gespräche mit dem Betriebsrat nicht nennen. Dass die hiesigen Standorte aktuell im Fokus der Sparmaßnahmen stehen, hat laut Schilling einen schlicht Grund: "An unseren internationalen Standorten haben wir bereits im Jahr 2019 vergleichbare Strukturanpassungen vorgenommen."

Das Delta von zehn Millionen Euro zwischen dem Einsparvolumen bei den Arbeitsplätzen und dem Gesamtpaket in Höhe von 35 Millionen Euro soll laut dem Vorstand über Struktur- und Prozessoptimierungen erreicht werden.

Ein Investitionsstopp hat IMS Gear ausdrücklich nicht verkündet, obschon das Budget gekürzt wird: "Notwendige und für die Weiterentwicklung wichtige Investitionen gehen wir nach wie vor an", so Schilling gegenüber econo.

Ähnliches gilt für den geplanten Ausbau des Standortes Villingen-Schwenningen, an dem man "grundsätzlich festhalte": Man habe die Planungen inzwischen soweit konkretisiert, "dass das Projekt ohne große Vorlaufzeit in die Umsetzung gehen könnte". Einen Startpunkt gebe es aber noch nicht.

Ganz generell zeigt sich Vorstand Schilling von der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens überzeugt: "Nach diesen schweren Einschnitten mit einer angepassten Struktur sowie bewährten und neuen Produkten in den Jahren ab 2021 werden wieder einen - wenn auch zunächst moderaten - Wachstumskurs einschlagen, der auch zu einer Stärkung unserer Standorte in Deutschland führen wird."

Die Wurzeln von IMS Gear reichen bis ins Jahr 1863 zurück. Damals wurden Zahnräder für Uhren gefertigt. Heute ist das Unternehmen einer der führenden Hersteller von Kleingetrieben für Lenksysteme, Parkbremsen oder auch die Sitzlängenverstellung in Fahrzeugen. Neben den Standorten Donaueschingen, Eisenbach, Villingen-Schwenningen und  Trossingen in Deutschland produziert das Unternehmen auch in Mexiko, den USA und China.

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