Stark und schwach
Was passiert, wenn eine Stadt nicht zahlt
19.08.2011 | 13:36
Die Stadt Wiwilí liegt im Norden Nicaraguas, einer der ärmsten Gegenden der Welt. Vier von zehn Menschen können weder lesen noch schreiben. Seit 1988 verbindet Freiburg und Wiwilí eine Städtepartnerschaft. Der Starke hilft dem Schwachen.
Die Wiwilí-Brücke liegt im Herzen von Freiburg. Sie verbindet die Innenstadt mit dem Stadtteil Stühlinger. Und sie ist ein Symbol geworden. Dafür, dass der Starke den Schwachen demütigt.
Der Starke ist wieder die Stadt Freiburg, der Schwache die Baufirma Dieterle aus Schramberg. Das mehr als 100 Jahre alte Unternehmen hat jetzt Insolvenz angemeldet. Offenbar auch, weil die Stadt ihre Rechnung bei dem Brückenspezialisten nicht ordentlich begleichen wollte. Die Badische Zeitung berichtet, dass die Stadt nach „harten Verhandlungen“ den Rechnungsbetrag um eine Million Euro gedrückt hat – auf 6,62 Millionen Euro.
Man muss nicht unbedingt wissen, dass die Brücken-Sanierung doppelt so lang dauerte und fünf Mal so teuer wurde wie geplant. Es macht keinen Unterschied. Es ist auch so skandalös genug.
Wiwilí ist kein Einzelfall. Laut Creditreform zahlt der Staat, zahlen also Bund und Länder, Städte und Gemeinden ihre Handwerkerrechnungen nur in 70 Prozent der Fälle innerhalb von 30 Tagen. Von den Privatkunden sind es 83 Prozent. 3,5 Prozent der Rechnungen an den Staat sind nach drei Monaten nicht bezahlt. Bei Privaten nur 1,1 Prozent.
Der EU ist das zu viel des Guten. Sie hat eine Richtlinie erlassen. Demnach muss jeder – auch der Staat – nach 30 Tagen zahlen. Sonst drohen hohe Verzugszinsen. Der Bund hat nun zwei Jahre Zeit, dieses einfache Prinzip in ein Gesetz zu gießen. Mal sehen, wie lange es wirklich dauert.