Überleben dank Klopapier-Flagshipstore

Das Modehaus Blum-Jundt hat einen kreativen Weg gefunden, um wieder zu öffnen – laut Chef Marcel Jundt geht es aber nicht um Tricks / An dem Beispiel orientiert sich nun auch ein Schuhhändler: "durch Kreativität die Absurdität aufzeigen"

 
Foto: Modehaus Blum-Jundt
 

Emmendingen/Singen. Falk Wöhrle hat sich ein Beispiel am Modehaus Blum-Jundt (siehe unten) genommen und für eines seiner drei Schuhgeschäfte das Sortiment geändert: "Ich verkaufe 60 Prozent systemrelevante Hygiene-Artikel. Die restlichen 40 Prozent unseres Artikelbestandes sind Schuhe. Dazu habe ich ein neues Gewerbe angemeldet", erläutert der Händler im "Südkurier". Von Seiten des Gewerbeamtes habe er dafür Zustimmung signalisiert bekommen, ebenso durch den Handelsverband Südbaden.

Wöhrle rechtfertigt sein Vorgehen: "Ich mache nur das, was auch große Einkaufsmärkte mit ihren Mix-Sortimenten praktizieren. Mit der Aktion will ich durch Kreativität die Absurdität der wechselnden Verordnungen aufzeigen und Hoffnung machen, dass derartige Aktionen auch den Gesetzgebern die Augen öffnen." Wobei der Inhaber davon ausgeht, dass derartige "kreative Lösungen" binnen kurzer Zeit untersagt werden.

Die nach seiner Ansicht nach Absurdität der Vorgaben erlebt er im täglichen Betrieb: Während seine beiden Schuhgeschäfte in Singen aufgrund der Inzidenz höhere Auflagen haben, gelten aufgrund anderer Werte in dem Laden in VS-Villingen andere Vorgaben. Dabei sind Kunden mobil.

Ganz generell will Wöhrle eine Lanze für Geschäftsinhaber und Gastronomen brechen, die seit Monaten "ein Sonderopfer" erbringen müssen: "Die Lage ist brandgefährlich und existenzbedrohend."

// Das Modehaus Blum-Jundt hat sich zum "ersten deutschen Klopapier-Flagship-Store" erklärt – und darf deshalb trotz erhöhter Inzidenzwerte unter strengen Auflagen die Türen öffnen. Inhaber Marcel Jundt nutzt dafür eine Regelung in der Corona-Verordnung und hat das Sortiment entsprechend angepasst: Zusätzlich zur Frühjahrsmode wurden Stapelweise Pakete mit Toilettenpapier aufgestellt, dazu weitere Hygieneprodukte, aber auch Nudeln, Schokolade und sogar Schnaps. "Der Handel muss wieder eine Rolle spielen und wenn es nur mit Klopapier ist", so Jundt.

Zur Vorbereitung hat der Inhaber nach eigener Aussage eng mit dem Rathaus zusammengearbeitet, das den besonderen Weg mitgegangen sei. Allerdings erwartet die Behörde für die kommenden Tage eine detailierte Aufstellung der Zahlen, um die Ernsthaftigkeit des Angebots zu dokumentieren.

An dieser lässt Jundt aber ohnehin keinen Zweifel: "Wir wollen die Vorschriften kreativ nutzen, nicht tricksen. Wir meinen es ernst, weil auch die Lage ernst ist." Am Ende sei der Flagship-Store "unser Weg zu überleben". Schließlich sei der Einzelhandel nach einem Jahr Pandemie sowie Schließungsverfügungen "am Ende". Auch weil Überbückungshilfen nicht ankämen und beispielsweise Inhaber sich zudem kein Gehalt auszahlen dürften.

Die Aktion hat kontroverse Debatten in den neuen Medien ausgelöst. Zahlreiche Medien haben zudem über das Modehaus und seinen kreativen Weg berichtet.

Das Modehaus Blum-Jundt besteht seit gut 130 Jahren und beschäftigt aktuell 45 Menschen.

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