Wetell geht jetzt an den Markt
Das Freiburger Startup bietet nachhaltigen Mobilfunk an und ist damit ein Pionier
02.09.2020 | 10:50
Freiburg. Das Freiburger Startup Wetell will Mobilfunk fair machen. Der Stromverbrauch der Telefonie wird über selbst erzeugten Ökostrom kompensiert. Nach anderthalb Jahren Vorbereitung geht die Firma nun an den Markt – mit Flatrates von 20 bis 30 Euro. Philipp Peters hat mit Co-Gründerin Alma Spribille gesprochen.
Vor zweieinhalb Jahren hatten Sie mit zwei Kollegen die Idee, einen nachhaltigen Mobilfunk an den Markt zu bringen. Jetzt geht es los. Nervös?
Alma Spribille: Auf jeden Fall – aber im positiven Sinn!
Vor einem Jahr haben Sie über ein Crowdfunding Geld eingesammelt. Ziel damals: 1000 Unterstützer. Wie ist es gelaufen?
Spribille: Wir haben mehr als 1200 Unterstützer gewonnen und eine Funding-Summe von 180.000 Euro. Das war mehr, als wir erwartet hatten.
War das das Startkapital, das Wetell gebraucht hat?
Spribille: Es war der Türöffner, um die Netzanbindung zu bekommen und das Unternehmen aufzubauen. Wir hatten seitdem bereits 400.000 Euro Gründungsdarlehen von der L-Bank bekommen und ein Exist-Gründerstipendium. Natürlich haben wir auch selbst Geld investiert.
Die Unterstützer haben mit ihrem Beitrag Mobilfunkgutscheine erworben. Wie geht es für die jetzt weiter?
Spribille: Jeder hat jetzt seinen Gutschein. Die Gutscheine sind mindestens drei Jahre gültig und können auf jeden Tarif eingelöst werden – egal was man beim Funding angegeben hat.
Und was passiert, wenn die Gutscheine nicht eingelöst werden?
Spribille: Wer seinen Gutschein zurückgeben will – etwa weil D2 nicht das Wunschnetz ist – kann das tun. Sollten Gutscheine gar nicht eingelöst werden, wollen wir das Geld in nachhaltige Projekte investieren.
Wie viele Kunden haben Sie jetzt und wie viele braucht Wetell um langfristig zu funktionieren?
Spribille: Aktuell haben wir rund 1000 Bestellungen. Um gesund zu funktionieren, brauchen wir etwa 15.000 Kunden. Wir hoffen, dass wir das bis Ende nächsten Jahres erreichen.
Wetell ist eine kleine Operation, muss sich aber mit Anbietern messen, die im großen Stil TV-Werbung schalten oder Fußball-Bundesligisten sponsern. Wie machen Sie auf sich aufmerksam?
Spribille: Über Guerilla-Marketing und Maßnahmen direkt in die Zielgruppe hinein. Darum haben wir Partnerschaften mit Ökostrom-Anbietern, mit Alnatura oder mit Anbietern von fairen Handys. Man muss als konventioneller Kunde auch verstehen, dass man die Fernsehwerbung mit seinem Tarif mitbezahlt. Weil es das bei uns nicht gibt, sind unsere Preise konkurrenzfähig – und das für ein nachhaltiges Produkt.
Die Nachhaltigkeit Ihres Mobilfunks entsteht dadurch, dass Sie den Stromverbrauch über eigene Solaranlagen kompensieren. Wie ist hier der Stand?
Spribille: Wir planen ganz konkret noch in diesem Jahr die ersten Anlage zu bauen, damit unsere Kunden klimaneutral bis klimapositiv telefonieren können.
Wie viel Solarstrom muss man denn erzeugen, um klimaneutral zu telefonieren?
Spribille: Man braucht pro Kunde im Jahr etwa 25 Kilowattstunden. Das hängt aber auch vom Tarif ab. Dahinter liegt eine komplizierte Rechnung, die den Aufbau des Mobilfunknetzes sowie dessen Energiebedarf berücksichtigt. Und: Wir haben einen Puffer von 100 Prozent eingebaut, damit wir wirklich sicher sein können, dass es nachhaltig ist.
Bei Wetell ist im Vertrag nie ein Handy mit drin. Wird das auf Dauer so bleiben?
Spribille: Das klassische Paket aus Zweijahresvertrag mit Handy wird es bei uns nie geben – weil unsere Tarife monatlich kündbar sind. Aber es kann gut sein, dass wir Pakete mit Anbietern nachhaltiger Handys schnüren, etwa mit Shiftphone.
Alma Spribille, 36, hat gemeinsam mit Nico Tucher und Andreas Schmucker Wetell gegründet.