Standpunkt

Laptops für Schüler? Bloß nicht!


econo-Praktikant Vincent Grieshaber hat die Schule hinter sich und eine klare Meinung: So wie es ist, hat es keine Zukunft. Deshalb hat er eine Checkliste erstellt – nicht nur für alle Boomer

Jetzt wird also über Laptops für Schüler gestritten. Soll man - oder lieber nicht? Nützlich oder schädlich? Zu viel Digital oder zu wenig? Meine Antwort darauf: Lasst es einfach bleiben, Boomer! Ihr habt es noch immer nicht verstanden...

Ich darf mir diese Einschätzung erlauben, da ich gerade meinen Abschluss gemacht und die Monate davor weitgehend mit "Homeschooling" verbracht habe. Täglich wuchs der Frust - weniger wegen zweifelhafter Gesundheitstipps (Stichwort: "gesundes Müsli gegen Corona"), die ein Lehrer als wichtigsten Beitrag des Tages online stellte (in seinem eigentlichen Fach lief dagegen online kaum was).

Mein Frust ist grundsätzlich: Die Digitalisierung ist seit gut 30 Jahren mit dem Einzug der ersten Computer in den Schulen ein Thema. Und seit 30 Jahren hat sich gefühlt nichts geändert.

Schlimmer noch: Seit 1919 gibt es mit der Weimarer Verfassung die allgemeine Schulpflicht in Deutschland und seit dieser Zeit hat sich an der grundsätzlichen Art des Unterrichts nicht wirklich was geändert. Vorn steht der Lehrer und erzählt, die Schüler sitzen und hören zu. Wer auswendig lernt gewinnt, wer selber denkt verliert. Diese Erfahrung habe ich seit der Grundschule gemacht. Eigenständigkeit? Nicht erwünscht.

Aber es geht noch schlimmer: In einem Schulbuch in meinem letzten Schuljahr waren D-Mark-Beträge angegeben. Das sagt eigentlich schon alles.

Ich weiß jetzt unter anderem viel über die Person Napoleon Bonaparte, aber nichts über die Auswirkungen seiner Politik bis in die heutige Zeit. Ich weiß, wann der Zweite Weltkrieg begonnen hat und dass es die Judenverfolgung gab, aber nichts über die Auswirkungen bis heute. Auch weiß ich, dass Deutschland wie andere Länder Kolonien unter anderem in Afrika hatte, aber nicht, welche Auswirkungen der Kolonialismus bis heute hat... Jedenfalls weiß ich darüber nichts aus der Schule. Dabei ist genau dieses Wissen über Zusammenhänge wichtig, um aktuelle Verwerfungen einordnen zu können.

Die Schule ist also weit von der Lebenswirklichkeit entfernt. Ganz generell.

Dann kam Corona und hat noch grundsätzlichere Probleme offen gelegt: Schule vermittelt nicht nur unvollständiges Wissen in unzeitgemäßer (und falscher, siehe das D-Mark-Buch) Form. Die Lehrer, die Schulen, die Staatlichen Schulämter, die Bildungspolitiker haben keinerlei Idee, was Schule morgen oder gar in der Zukunft kann, soll, muss.

Natürlich war es witzig, per Videochat ungewollte Einblicke in die Wohnzimmer und Heimbüros der Lehrer zu erhalten. Wenn das per unstabiler Verbindung erfolgt, nervt es nur noch. Genau wie die ungefragten Tipps für "gesunde Müslis".

Auffallend: Ausgerechnet der Religionslehrer schaffte es, täglich einen ruckelfreien, stabilen und modernen "Morgensegen" online zu stellen... Wer es braucht.

Jetzt wird also darüber gestritten, ob Schüler Laptops brauchen, damit Schule zukunftsfähig wird. Ganz klar: nein! Wer über Devices streitet, der hat keine Ahnung vom Jetzt und vor allem nicht von der Zukunft. Eine solche Debatte ist typisch für die Boomer-Generation!

Deshalb kurz zum Mitschreiben:

# Schafft endlich eine Plattform, auf die alle Schulen im Land Zugriff haben und in der alle (!) notwendigen (!) Inhalte in verschiedenen Formaten/Darstellungen (!) aufbereitet zentral hinterlegt sind. Von mir aus macht es stufenweisen, aber fangt endlich damit an!

Und bindet die Schüler mit ein – um die geht es schließlich und sie wachsen damit auf! Und lasst die (allerallerallermeisten) Eltern außen vor! Nur eine Personengruppe ist für Veränderungen in der Organisation Schule noch weniger geeignet wie die Erziehungsberechtigten: Lehrer. Eine ungute Mischung, die eine eigene Betrachtung wert wäre (Stichworte: Elternabende, Vorbereitung/Durchführung von Klassenfahrten...).

# Baut in diese Plattform eine Chat- und Videofunktion ein, damit wir nicht weiterhin abhängig von allen möglichen kommerziellen Anbietern und deren Interessen sind.

# Der Zugang zur Plattform soll offen für alle Devices sein – vom Smartphone über Laptops bis zu smarten Fernsehern. Schwierig? Einer muss es ja versuchen. Aber nur so wird es zukunftsfähig und niemand, wirklich niemand muss mehr über Hardware diskutieren!

# Lasst endlich nicht mehr jeden Lehrer seine eigenen Online-Inhalte erstellen. Sind wir ehrlich: Nicht jeder ist der geborene Entertainer vor der Kamera! Lieber identifiziert man landesweit für jedes Fach drei, vier, fünf Lehrer (die gibt es!), die Lerninhalte für alle anderen (!) gut, sicher und modern aufbereiten. Da die Lehrpläne landesweit gelten, ist das kein Problem. Die "regulären" Lehrer sollten die Schüler abseits dieser Tutorials dann lieber persönlich online/offline begleiten und die Energie hierauf fokussieren.

# Nehmt die Schüler endlich als denkende Menschen ernst und unterstützt sie auf ihrem EIGENEN Weg in die Zukunft! Und gebt endlich nicht denen die guten Noten, die nur stupide auswendig lernen - auch wenn die Notengebung dadurch aufwändiger wird.

# Vergesst Noten! Ein Traum, der eine eigene Betrachtung wert wäre. Denn so wie sie aktuell vergeben werden, sind sie aussagekräftig wie Wasserwecken mit fettreduziertem Frischkäse...

Werden diese Punkte umgesetzt, dann hat Schule eine Zukunft, egal ob mit oder ohne Pandemie. Müsli-Tipps kann es dann gerne noch on top geben. Für den, der es mag.

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