Heinrich Grieshaber ist bestens gelaunt. Beim Foto-Shooting scherzt er charmant mit der Fotografin, die beiden kennen sich gut. Die Fahrer der vorbeirollenden Lastzüge mit dem blauroten Logo der Grieshaber Logistik AG winken fröhlich hinterm Lenkrad hervor. Der Mann ist beliebt bei seinen Mitarbeitern, das ist zu spüren, er duzt sie fast alle, sie sind ein bisschen wie seine Kinder, sagt die Fotografin.
Dann, droben im Konferenzraum im dritten Stock des Verwaltungsbaus schräg gegenüber, wird er wieder ernst. Seine Branche, sagt er, ganz Vollblutunternehmer, der er nun mal ist, leicht nach vorn gebeugt, sei arg gebeutelt. "Nirgendwo sonst hat es so viele Insolvenzen gegeben in den letzten Jahren", allenfalls noch in der Automobilzuliefererindustrie und der Druckereibranche. "Unser Geschäft ist schwierig geworden", erklärt der 63-Jährige.
Mit reinen Transportdienstleistungen lasse sich in einem paneuropäischen Wettbewerb schon lange kein Geld mehr verdienen. "Viele haben den notwendigen Wandel verpennt." Er spricht es nicht aus, aber Grieshaber ist anders. Früh hat er es verstanden, die Wertschöpfungskette seines Unternehmens zu verlängern.
Für Kunden wie den Medikamentenabfüller Vetter Pharma oder den Bohrerproduzenten Hawera erbringt Grieshaber seit Jahren komplexe Lager- und Logistikleistungen, greift immer weiter in den Produktionsprozess ein. So können sich die Kunden auf ihr Kerngeschäft konzentrieren - und Grieshabers Geschäft wiederum wächst weiter.
Dieser Ansatz und die Internationalisierungsstrategie machen Grieshaber zu einem der erfolgreichsten mittelständischen Logistikunternehmer Deutschlands. Das Unternehmen beschäftigt etwa 540 Mitarbeiter an Standorten in Oberschwaben, im Rheinland und in Slowenien. Mehr als 125 Trucks sind ständig auf der Straße. 2012 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von rund 63 Millionen Euro.
Dabei war ihm das Speditionsgeschäft nicht in die Wiege gelegt. Landwirt sollte er werden und den Hof der Familie in einem Nest im Südschwarzwald übernehmen. Er aber träumt damals von einer Karriere als Lufthansapilot. Mit 17 büxt er aus, absolviert eine Mechanikerlehre, studiert schließlich Maschinenbau in Konstanz. Als Grieshaber senior, der 1951 ein Fuhrunternehmen gegründet hatte, Anfang der 1970er-Jahre eine Spedition in Weingarten übernimmt, macht sich der junge Heinrich auf gen Osten des Landes. Der Rest ist Geschichte.
In Oberschwaben fand er auch in der IHK eine neue Heimat. Jetzt ist er ihr Präsident. Gerade erst wurde er im Amt bestätigt und wird sich weitere vier Jahre um die Ausbildung und Nachwuchsförderung kümmern, auch persönlich. So überweist er jährlich 25?000 Euro an die Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Auch für die Hochschule Ravensburg-Weingarten und die DHBW legt er sich ins Zeug. Auf seiner Agenda steht zudem die Entwicklung des Wirtschaftsraums Bodensee, da sei noch viel Luft nach oben. "Wir brauchen hier mehr IT- und Software-Firmen wie Avira, IFM und andere Unternehmen aus den Zukunftstechnologien", konstatiert IHK-Präsident Grieshaber.
Sein Lieblingsthema bleibt der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in der Region. Dafür legt er sich gerne auch mal mit den großen Namen aus Stuttgart und Berlin an, ist immer für einen markigen Spruch gut. Den Baustart der B 30 neu verzeichnet er allenfalls als Teilerfolg. "Das Ding ist noch lange nicht gebaut", gibt sich Grieshaber skeptisch.
Den Traum vom Fliegen hat sich Heinrich Grieshaber übrigens erfüllt. Seit 1973 besitzt er eine Privatpilotenlizenz, und seit 1984 darf er sogar Hubschrauber steuern. Der Schein wurde gerade erst verlängert.
Das Porträt erschien zunächst in der Print-Ausgabe Juli 2013 von Econo.
Kämpfer mit klarer Kante
Er sollte den Hof seines Vaters im Südschwarzwald übernehmen. Heute ist Heinrich Grieshaber einer der erfolgreichsten Logistikunternehmer im Land und Präsident der IHK Bodensee-Oberschwaben.
Autor:
René KiusFoto:
Lisa Berger für econo
René KiusFoto:
Lisa Berger für econo
Veröffentlicht:
10.08.2016 | 08:42
10.08.2016 | 08:42
Vom Bauernbub zum Logistik-Tycoon: Heinrich Grieshaber ist immer seinen Weg gegangen.