Wenn es schiefgegangen wäre, Bernd Bechtold hätte einen Plan B gehabt. „Falls es mit Big nicht geklappt hätte, ich hätte eine Currywurst-Bude eröffnet. Das wäre eine der ersten in Karlsruhe gewesen“, sagt er und rückt seine Brille zurecht. Plan B war aber nicht nötig. Big hat funktioniert. Und aus der 1981 gemeinsam mit seiner Frau Gisela gegründeten, sechs Mann starken Ingenieursgesellschaft Big ist eine internationale Unternehmensgruppe mit 27 Tochtergesellschaften und mehr als 2700 Mitarbeitern geworden.
Bernd Bechtold ist kein Mann des Konjunktivs, Worte wie hätte und würde sind nicht die seinen. Und so erzählt er die Wurstbuden-Geschichte ganz nüchtern, ohne jede Nostalgie. Keine Frage: Bechtold ist gerne dort, wo er jetzt ist: geschäftsführender Gesellschafter eines florierenden Unternehmens, Präsident der IHK Karlsruhe, Inhaber zahlreicher Ehrenämter, kurz: Er ist das Gesicht einer ganzen Wirtschaftsregion. Der Anfang war dennoch schwierig. „Logisch, das war ein Risiko. Ich war 33, meine Frau und ich hatten zwei kleine Kinder.“ Wirkliche Zweifel hegt er aber nie. „Es war damals an der Zeit, etwas Eigenes zu machen.“
Schon als Kind handelt Bechtold mit Kopfsalatsetzlingen, mit 18 will sich der Sohn eines Uniformschneiders selbstständig machen.
Alle haben mir davon abgeraten, ich solle zuerst studieren. Damals habe ich mir geschworen: Wenn sich noch mal eine Chance ergibt, werde ich zugreifen.
1981 ist es so weit. Schnell ist klar: Big läuft gut. „Nach sechs Monaten hat unser Steuerberater angerufen und behauptet, dass in der Buchhaltung irgendwas falsch läuft. Er konnte nicht glauben, dass die Zahlen tatsächlich so gut sind.“ Sie sind es aber. Das Unternehmen expandiert, 1987 gründet Bechtold die Big-Sicherheitsgesellschaft, 1989 erschließt er Ostdeutschland als Markt, als einer der Ersten. „Wir wurden in Ostmark bezahlt, wussten nicht, was wir mit dem Geld machen sollen, also haben wir Farbe gekauft, um die Wände zu streichen.“ Bernd Bechtold ist Pragmatiker.
Eins hingegen ist er nicht: einer, dem alles zugeflogen ist. „Es soll ja keiner sagen, dass der Schritt nach Osten Glück war. Es war ein Risiko. Ein Risiko, das jeder hätte eingehen können. Wir waren eben schneller als die Großen.“ Inzwischen gehören Bechtold und Big, nomen est omen, selbst zu den Großen. Rückschläge bleiben aber nicht aus. „Die Karstadt-Pleite hat uns natürlich getroffen“, sagt Bechtold.
Löcher in den Umsatz hat sie aber keine gerissen. Als eine der wenigen Firmen hat Big selbst in den Jahren 2008 und 2009 weiter zugelegt. 27 Tochtergesellschaften hat Bechtold im Lauf der Jahre gegründet. Das macht kaum anfällig für Krisen. Woher die Ideen kommen? „Als Unternehmer arbeite ich immer. Sie können nicht nach Hause gehen und den Hebel umlegen.“ Bechtold ist aber kein Workaholic. „Ich nehme mir bewusst viel Freizeit. Mir macht es einfach Spaß, Neues zu erschaffen, eine neue Idee zu entwickeln. Das ist keine Arbeit, das ist Freizeit für mich.“
Im kommenden Jahr wird Big 30 Jahre alt, Bernd Bechtold ist dann 63. Die eigene Nachfolge hat er bereits geregelt: Seine Tochter wird die Gruppe übernehmen. Angst, nicht loslassen können, hat Bechtold nicht. „Ich bin aus dem operativen Geschäft raus. Alle Gesellschaften haben eigene Geschäftsführer, die ihre Sache sehr gut machen.“ Auf die faule Haut legen wird sich Bechtold mit Sicherheit nicht. „Nichts tun kann ich nicht“, sagt Bechtold. Nun ist also doch Zeit für einen Plan B.
Das Porträt erschien zuerst in der Print-Ausgabe September 2010 von econo.